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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 07/2021

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 07/2021

Aktuelles Urteil

Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus den Herstellungskosten einer Mehrzweckhalle mit Parkplatz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 7.12.2020 – 1 K 2427/19 - www.justizportal.justiz-bw.de (rechtskräftig nach Rücknahme der Revision)

Sachverhalt:

Die Gemeinde G erzielte in den Streitjahren 2009 bis 2011 Umsätze aus der Vermietung einer Halle. Die Halle wurde im Jahr 2010 abgerissen, auf dem Grundstück ein öffentlicher Parkplatz errichtet und gegenüber eine neue Halle gebaut. Die Halle wurde mit einer Hebebühne, Bühne, Küche, Tischen und Stühlen ausgestattet. Die G überlässt die Halle verschiedenen Nutzergruppen auf der Grundlage ihrer kommunalen Benutzungsordnung zu festen Preisen jeweils stunden- bzw. teilweise auch tageweise. Dazu zählen u.a. eine Gymnastikgruppe, ein Taekwondo- und ein Fußballverein, ein Kirchenchor, ein Gesangs- und ein Musikverein, eine Tanzschule, Karnevalsvereine sowie weitere vergleichbare Nutzer, Privatpersonen und Gewerbetreibende. Die Gebühren für den Übungs- und Sportbetrieb für Vereine betragen (einschließlich Strom, Wasser und Abwasser) 5 € pro Stunde, für gewerbliche Benutzer 10 € pro Stunde.

Im Rahmen der Nutzungsüberlassung der Halle wurden von G an die Nutzer weitere Leistungen erbracht, u.a. folgende: umfangreiche Verwaltungstätigkeiten und Erhaltungsmaßnahmen bedingt durch stetig wechselnde Hallenbenutzer; umfangreiche und häufige Reinigungsleistungen; Zurverfügungstellung besondere Ausstattungsmerkmale wie Schwingboden für sportliche Betätigungen, Spiegel für Tanz- und Ballettunterricht, besondere Beleuchtungs-, Ton- und Bühnentechnik; Zurverfügungstellung von Sitzgelegenheiten und Tischen bei Veranstaltungen; Zurverfügungstellung sonstiger Infrastruktur wie ausreichender Umkleide- und Waschräume sowie sanitärer Einrichtungen und Garderobe für Veranstaltungen; Zurverfügungstellung einer Großküche nebst Inventar; Betreuung der Nutzer.

Der mit der Halle errichtete Parkplatz (63 Stellplätze) wurde der Öffentlichkeit – in erster Linie den Benutzern der Halle – kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Errichtung des Parkplatzes war zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung für die Halle.

Die Umsätze aus der Überlassung der Halle unterwarf die G insgesamt dem Regelsteuersatz und machte die Vorsteuer aus den Baukosten und den laufenden Kosten geltend. Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ließ das Finanzamt nur einen Anteil von 23,40 % zum Vorsteuerabzug zu. Der Vorsteuerabzug aus den Einrichtungsgegenständen, der Hebebühne, der Bühne, der Küche, den Tischen und Stühlen (Betriebsvorrichtungen) wurde in voller Höhe gewährt. Hinsichtlich des Parkplatzes versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug, da dieser als öffentlicher Parkplatz weder dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden könne noch steuerpflichtige Ausgangsumsätze gegeben seien.

Die G begehrt mit ihrer Klage den vollen Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Halle einschließlich des Parkplatzes sowie aus dem laufenden Betrieb der Halle.

Nichtamtliche Leitsätze:

1. Überlässt eine Gemeinde eine von ihr errichtete Mehrzweckhalle auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (kommunale Benutzungsordnung) verschiedenen Nutzergruppen, handelt die Gemeinde auch dann unternehmerisch, wenn einzelne Nutzergruppen nur eine nicht kostendeckende Gebühr entrichten.

2. Auch eine nur stunden- oder tageweise Überlassung einer Halle ist trotz der Kurzfristigkeit eine steuerfreie Vermietung, wenn daneben keine anderen prägenden Leistungen erbracht werden. Die Mitüberlassung und Bereitstellung von Betriebsvorrichtungen (hier: Beleuchtungstechnik, Tontechnik, Kücheneinrichtung, Bühne und Hebebühne) stellt nur eine untergeordnete Nebenleistung zu der Raumüberlassung, wenn die zur Durchführung der jeweiligen Veranstaltungen erforderlichen Tätigkeiten dem jeweiligen Nutzer obliegen.

3. Der Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten eines der Öffentlichkeit gewidmeten und ihr kostenlos zur Verfügung stehenden Parkplatzes ist zulässig, wenn die Errichtung des Parkplatzes baurechtliche Voraussetzung für die Genehmigung der Mehrzweckhalle und für ihre Nutzung notwendig und angemessen war.

Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) sei die G mit der Vermietung der Halle zwar unternehmerisch tätig und daher vorsteuerabzugsberechtigt. Die Vorsteuern aus der Herstellung und den laufenden Betrieb der Halle seien aber ebenso wie die Vorsteuern für die Betriebsvorrichtungen und den Parkplatz nur im Umfang von 23,40 % abzugsfähig. Im Übrigen sei der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Hinsichtlich der Bejahung der Unternehmereigenschaft der G bei der Vermietung der Halle folgte das FG der ständigen Rechtsprechung des BFH. Die G sei als eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG) entsprechend Art. 13 MwStSystRL Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübe, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebe. Handele sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, komme es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Handele sie dagegen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, sei sie nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die Behandlung der G als Nichtsteuerpflichtige führe – so das FG – zu größeren Wettbewerbs-verzerrungen. Dabei sei maßgeblich nicht nur der gegenwärtige, sondern auch der potentielle Wettbewerb, sofern die Möglichkeit des Markteintritts für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer real und nicht rein hypothetisch sei. Die G stehe in einem Wettbewerbsverhältnis zu anderen lokalen und – aufgrund der Größe und des Zuschnitts der verschiedenen Hallenflächen – überregionalen privaten Anbietern von Veranstaltungsflächen. Gaststätten, Restaurants mit Tagungssälen und private Veranstaltungszentren würden ebenfalls vergleichbare Räumlichkeiten am Markt gegen Entgelt anbieten. Die Überlassung von Veranstaltungsflächen könne nicht nur durch die öffentliche Hand erfolgen.

Aufgrund der Unternehmereigenschaft der G stehe ihr grds. ein Vorsteuerabzugsrecht zu. Dieses Vorsteuerabzugsrecht sei jedoch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, soweit sie die Halle an Nichtunternehmer, an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer oder im Wege einer steuerfreien Vermietung überlassen habe.

Das Finanzamt habe im Hinblick auf die einzelnen Vermietungen des Jahres 2011 ermittelt, ob ein Verzicht auf die Steuerbefreiung möglich sei und nach den jeweiligen Nutzungszeiten festgestellt, dass die optionsfähigen und deshalb steuerpflichtigen Überlassungsverhältnisse nach ihrem zeitlichen Nutzungsanteil insgesamt 23,40 % der Gesamtnutzungsdauer der Halle ausmachten. Gegen diese Maßstabsbildung bestehen nach Auffassung des FG keine Einwände, weil bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG führe als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.

Über den vom Finanzamt anerkannten Anteil hinaus habe die G die Halle für steuerfreie Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 a UStG verwendet. Eine Möglichkeit auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG zu verzichten, habe insoweit nicht bestanden, auch nicht in Bezug auf die mitvermieteten Betriebsvorrichtungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG). Würden Betriebsvorrichtungen mitüberlassen und neben der Überlassung weitere Leistungen erbracht, komme es für die Annahme einer steuerfreien Vermietung oder einer steuerpflichtigen sonstigen Leistung darauf an, welche Leistung prägend sei.

Den Mietern der Halle sei das Recht eingeräumt worden, mit dem Saal, dem Spiegelsaal oder dem Vereinszimmer sowie der Küche einen Teil des Grundstücks in Besitz zu nehmen und andere von der Nutzung für den vereinbarten Zeitraum auszuschließen. Soweit die G neben der Überlassung von Räumlichkeiten auch Leistungen wie z.B. Beleuchtung und Technik sowie das Zurverfügungstellen von Sanitärräumen, Stühlen, Tischen, Geschirr und Besteck erbracht hat, handele es sich um Nebenleistungen zu der vertraglich vereinbarten Überlassung der Räumlichkeiten. Auch die weiteren Leistungen der G seien in einer Gesamtschau im Vergleich zur Grundstücksüberlassung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nebensächlich. Sie hingen eng mit der Grundstücksüberlassung zusammen und sollen diese lediglich erleichtern. Dem jeweiligen Nutzer kommt es gerade darauf an, unter Ausschluss anderer für die Dauer der Veranstaltung eine Räumlichkeit zu erhalten. Die Organisationsleistung der G sowie die Bereitstellung von Strom, Wasser, Veranstaltungstechnik, Beleuchtung und dem Sanitärbereich sind für die Nutzer nur im Hinblick auf die Erlangung der Nutzungsmöglichkeit im Rahmen der jeweiligen Veranstaltung von Nutzen; keinesfalls jedoch prägend. Die G habe keine wesentlichen sonstigen Dienstleistungen, wie etwa gastronomische Zusatzleistungen, angeboten. Außer dem Hausmeister sei den Nutzern kein Personal zur Verfügung gestellt worden. Die für die Durchführung der jeweiligen Veranstaltungen erforderlichen Tätigkeiten, wie z.B. Ordnungsdienst, Eingangskontrolle, Platzanweisung, Streu- und Räumpflicht während der Veranstaltung, Dekoration und Koordination, habe vielmehr dem jeweiligen Nutzer oblegen.

Dass die G die in der Halle vorhandenen Räumlichkeiten nur stunden- oder tageweise – und damit für einen kurzen Zeitraum – an ihre Nutzer überlassen habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Zeitdauer der Überlassung diene lediglich zur Abgrenzung der gemäß nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerfreien Vermietung von Grundstücken von der gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht steuerbefreiten Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Für die Frage, ob dem Nutzer das Recht eingeräumt wurde, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen, habe die Nutzungsdauer keine Bedeutung.

Abweichend von der Auffassung des Finanzamtes sei der G kein vollständiger Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Betriebsvorrichtungen zu gewähren, sondern ebenfalls nur i.H.v. 23,40 %. Die Vermietung der Halle einschließlich der Betriebsvorrichtungen (Bühne, Hebebühne, Kücheneinrichtung, Tische und Stühle) stelle eine einheitliche Leistung dar. Hinsichtlich der (Mit-)Überlassung der Betriebsvorrichtungen handle es sich um eine untergeordnete Nebenleistung, die umsatzsteuerrechtlich ebenso zu behandeln sei wie die Hauptleistung nach § 4 Nr. 12 a UStG. Der Vorsteuerabzug sei damit nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UStG grundsätzlich ausgeschlossen und könne daher nur in dem Umfang vorgenommen werden, in dem die Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG gegeben sei.

Im Hinblick auf die teilweise sportliche Nutzung der Halle (z.B. durch den Taekwondo- und den Fußballverein) führte das FG folgendes aus: Die G könne sich nicht darauf berufen, dass die Nutzungsüberlassung ihrer Räumlichkeiten und Einrichtungen mit der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen (z.B. Sportpark oder Golfplatz) vergleichbar sei, die nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 a UStG falle (EuGH-Urteil Lindöpark vom 18.1.2001 C-150/99, ABl EG 2001, Nr. C 150, 5; BFH-Urteile vom 31.5.2001, BStBl II 2001, 658, vom 17.12.2008, BStBl II 2010, 208 und vom 12.10.2016, BStBl II 2017, 500), denn sie habe keine derartigen Leistungen ausgeführt. Dass in den Räumlichkeiten teilweise Tanz- oder Sportveranstaltungen stattgefunden haben (Gymnastikgruppe, FC C mit Bambinitraining, Taekwondo und Tanzschule), ändere nichts daran, dass allein die Überlassung der Räumlichkeiten das prägende Element darstelle. Anders als bei der Überlassung von Sportanlagen habe die G gerade keine Vielzahl geschäftlicher Tätigkeiten wie die ständige Unterhaltung und die Zurverfügungstellung anderer Anlagen (z.B. Sauna, Ruheräume oder weitere Spielflächen) geschuldet. Entgegen der Auffassung des Finanzamts stehe der G der anteilige Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen zur Errichtung und zum Betrieb des Parkplatzes zu. Zwar sei eine Zuordnung von den zum Allgemeingebrauch gewidmeten oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen und Anlagen zum unternehmerischen Bereich grundsätzlich nicht möglich. Eine solche Widmung habe im Grundsatz zur Folge, dass der Gegenstand einer unternehmerischen Nutzung entzogen sei. Dies gelte aber nur dann, wenn die unternehmerische Nutzung deckungsgleich mit der Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs sei. Soweit eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung gegen Entgelt vorliege, sei anders zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Eingangsleistungen zur Herstellung des Parkplatzes und den Vermietungsumsätzen der G. Aus dem Lageplan zur Baugenehmigung der neuen Halle gehe hervor, dass 63 Stellplätze als notwendige Voraussetzung zur Erlangung der Baufreigabe vorgesehen waren. Vor diesem Hintergrund wäre die Baugenehmigung für die Halle ohne die Herstellung des Parkplatzes nicht erteilt worden. Daraus folge, dass die Herstellung des Parkplatzes für die Realisierung der neuen Halle unerlässlich gewesen sei und die G ihre wirtschaftliche Vermietungstätigkeit folglich nicht hätte ausüben können, wenn der Parkplatz nicht hergestellt worden wäre.

Der anteilige Vorsteuerabzug hinsichtlich des Parkplatzes führe nicht zu einer Herabsetzung der Umsatzsteuer, da eine Saldierung mit dem zu Unrecht gewährten Vorsteuerabzug aus den Betriebsvorrichtungen erfolge. Darin liege kein Verstoß gegen das Verböserungsverbot. Bei einer auf die betragsmäßige Änderung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage liege eine Verböserung nämlich nicht vor, wenn der in Bezug auf einzelne, unselbständige Besteuerungsgrundlagen erzielte Erfolg der Klage vom Gericht höchstens bis zum Betrag der ursprünglichen Steuerfestsetzung mit nachteiligen Änderungen bei anderen unselbständigen Besteuerungsgrundlagen saldiert werde, selbst wenn diese vom Kläger mit der Klage nicht infrage gestellt worden seien.

Anmerkung:

Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg handele es sich bei der Überlassung der Mehrzweckhalle um eine insgesamt steuerfreie Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 a UStG. Die Überlassung der Betriebsvorrichtungen (Sanitärräume, Tische, Stühle, Geschirr usw.) sowie die weiteren sonstigen Leistungen (u.a. Bereitstellung von Strom, Wasser, Hausmeister) seien aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nebensächlich und somit (unselbständige) Nebenleistungen zur (steuerfreien) Hauptleistung (Grundstücksvermietung). Diese Auffassung des FG ist im Hinblick auf die nichtsportliche Nutzung der Mehrzweckhalle durchaus vertretbar. Auch andere Finanzgerichte haben entsprechend entschieden: FG München, Urteil vom 23.10.2012, EFG 2013 S. 247 (Überlassung einer Stadthalle); FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.9.2019, EFG 2020 S. 137 (Überlassung eines Dorfgemeinschaftshauses; Revision anhängig, Az. des BFH: XI R 33/19).

Nicht vertretbar ist m.E. die Auffassung des FG Baden-Württemberg zu der Nutzung der Mehrzweckhalle für sportliche Zwecke. Das FG lehnt insoweit die Anwendung der Grundsätze, die der EuGH und der BFH zur Überlassung von Sportanlagen aufgestellt hat, ab. Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich bei der stundenweisen Überlassung einer Sporthalle bzw. eines Sportplatzes nicht um eine steuerfreie Grundstücksvermietung, sondern um eine einheitliche steuerpflichtige Leistung (siehe zuletzt: BFH, Urteil vom 26.4.2018, DStR 2018 S. 1864, m.w.N.). Auch die Finanzverwaltung bejaht bei der Überlassung von Sportstätten an Vereine eine einheitliche steuerpflichtige Leistung (Vertrag besonderer Art), da in diesen Fällen die Vereine (und nicht deren Sport treibenden Mitglieder) als Endverbraucher anzusehen seien (Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 2 UStAE mit Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 17.4.2003, BStBl. I 2003 S. 279, Tz. 10 Beispiel 2).

Das FG Baden-Württemberg ist jedoch der Auffassung, dass es sich im Streitfall bei der Überlassung der Mehrzweckhalle zu Sportzwecken nicht um die Überlassung einer Sportanlage gehandelt habe, da die G „gerade keine Vielzahl geschäftlicher Tätigkeiten wie die ständige Unterhaltung und die Zurverfügungstellung anderer Anlagen (z.B. Sauna, Ruheräume oder weiterer Spielflächen)“ schuldete. Dagegen ist einzuwenden, dass eine Mehrzweckhalle wie die im Streitfall durchaus ständiger Unterhaltung bedarf (z.B. insbesondere im Hinblick auf Reinigung der von den Sportlern genutzten Umkleide- und Waschräume). Auch das Argument, dass bei Sportanlagen andere Anlagen, wie z.B. Sauna, Ruheräume und weitere Spielflächen, überlassen werden, greift nicht, denn viele Sportanlagen (insbesondere reine Sporthallen) haben keine derartigen Anlagen. Für die Annahme einer Sportanlage genügt es m.E., dass neben der Spielfläche selbst die entsprechende Infrastruktur, zu denen insbesondere Umkleidekabinen sowie Dusch- und Waschräume gehören, gegeben ist.

Bei der im Streitfall erfolgten Überlassung der Mehrzweckhalle an Sporttreibende (z.B. des Taekwondo- und des Fußballvereins) wurde die Halle wie eine Sportanlage genutzt, weshalb diese Überlassung eine insgesamt einheitliche steuerpflichtige Leistung darstellt. Es wäre für die steuerliche Praxis hilfreich gewesen, die Auffassung des 11. BFH-Senat im Hinblick auf die sportliche Nutzung der streitbefangenen Mehrzweckhalle zu erfahren. Schade nur, dass die Revision von der Gemeinde zurückgenommen wurde.

Das FG Baden-Württemberg bejahte hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs des kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Parkplatzes – m.E. zu Recht – den (anteiligen) Vorsteuerabzug. Zwar können nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung öffentliche Einrichtungen (wie z.B. Straßen, Wege und Plätze) nicht dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden, weshalb insoweit grds. kein Vorsteuerabzugsrecht besteht (siehe auch Abschn. 15.19 Abs. 2 Satz 3f. UStAE). Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Soweit eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung gegen Entgelt vorliegt, ist ein Vorsteuerabzug möglich (z.B. Nutzung eines öffentlichen Platzes für Marktveranstaltungen, BFH, Urteil vom 3.8.2017, BFH/NV 2018 S. 301, und BFH, Urteil vom 3.3.2011, BStBl. II 2012 S. 74). Besteht nämlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht zum Vorsteuerabzug öffnen, ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im vom FG Baden-Württemberg entschieden Fall ist ein derartiger direkter und unmittelbarer Zusammenhang gegeben. Ohne die Errichtung des Parkplatzes wäre keine Baugenehmigung für die Mehrzweckhalle erteilt worden, was zur Folge hätte, dass ohne die Errichtung des Parkplatzes keine Umsätze aus der Überlassung der Halle hätten erzielt werden können. Die Auffassung des FG Baden-Württemberg entspricht nicht nur den o.g. BFH-Rechtsprechung, sondern auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 16.9.2020, C-52819 „Mitteldeutsche Hartstein-Industrie“, DStR 2020 S. 2067, und Urteil vom 22.10.2015, C-126/14 „Sveda“, DStR 2015 S. 2442).

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