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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 02/2018

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 02/2018 (April 2018)

Aktuelle Urteile

Verdeckte Gewinnausschüttung bei der dauerdefizitären Verpachtung einer Multifunktionshalle durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts an eine Betreibergesellscha

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 14.9.2017, EFG 2018 S. 473 (rechtskräftig)

Sachverhalt (verkürzt):

Zum Vermögen der Stadt C gehört der zum 1.1.1991 gegründete Eigenbetrieb „B“. Die Aufgabe des Eigenbetriebs besteht in der Verwaltung und Bewirtschaftung der städtischen Gemeinschaftseinrichtungen sowie in der Standortwerbung für die C.

Zu dem Eigenbetrieb gehören verschiedene Stadthallen, Bürgerhäuser und ähnliche Anlagen (Veranstaltungsorte), die die C mittels des Eigenbetriebs – auch im Streitjahr (2012) – selbst bewirtschaftete. Bei diesem Teil des Eigenbetriebs handelte es sich um den BgA Stadthalle.

Um das Eigenkapital und die Finanz- und Ertragslage des BgA Stadthalle zu stärken, ordnete die C diesem BgA wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu. Ferner wurde dem BgA-Stadthallen der mit Einnahmen verbundene Teil der Tourist-Information steuerlich zugeordnet. Die C errichtete bis 2005 die Multifunktionshalle „A“. Da sie die Nutzung der „A“ durch Dritte nicht selbst vermarkten wollte, schloss sie mit einer Betreibergesellschaft, der H-GmbH, einen Betreibervertrag, mit der die C das Auslastungs- und Vermarktungsrisiko auf die H-GmbH übertrug. Der C stand nach dem Betreibervertrag ein festes jährliches Nutzungsentgelt (Pacht) zu. Die Verpachtung der „A“ erfolgte im Rahmen des Eigenbetriebs „B“. Der Betreibervertrag hatte ursprünglich eine Laufzeit vom 1.3.2005 bis 31.12.2014 und wurde auch durchgeführt. Mangels kostendeckender Pachteinnahmen erzielte die C seit Aufnahme der Verpachtung im Jahr 2005 und somit auch im Streitjahr ausschließlich Verluste aus der Überlassung der „A“ an die H-GmbH. Anlässlich einer Betriebsprüfung bis 2007 forderte das Finanzamt die C im Jahr 2013 auf, eine Spartenrechnung für die Jahre 2008 ff. vorzulegen, wobei die Verpachtung der „A“ von den sonstigen Tätigkeiten des Eigenbetriebs „B“ zu trennen sei. Nach Auffassung des Finanzamts sei bei der Verpachtung der „A“ von einem nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigten Dauerverlustbetrieb und deshalb von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) auszugehen. Die Spartenrechnung werde zur Ermittlung der Höhe der vGA benötigt.

Die Veranlagungen für 2008 bis 2011 wurden vom Finanzamt wegen der bis 2011 geltenden Übergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG 2009 trotz des nach Auffassung des Finanzamts nicht steuerbegünstigten Dauerverlustbetriebs (Verpachtung „A“) ohne Ansatz von vGA bestandskräftig.

In der für den Eigenbetrieb „B“ übersandten Körperschaftsteuer-Erklärung für 2012 teilte die C dem Finanzamt u.a. mit, dass ein von der C an den Eigenbetrieb gezahlter Investitionskostenzuschuss steuerlich als Betriebseinnahme behandelt worden sei. Das Finanzamt behandelte bei der Veranlagung 2012 diesen Investitionskostenzuschuss zunächst nicht als Betriebseinnahme, sondern als eine steuerfreie Einlage (später wurde der Zuschuss vom Finanzamt als Betriebseinnahme anerkannt). Ferner ging es im Hinblick auf die Verpachtung der „A“ von einer vGA aus. Da sich dennoch ein negatives Einkommen ergab, setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer auf „0“ fest und stellte den sich daraus ergebenden Verlustvortrag entsprechend fest. Darüber hinaus erließ das Finanzamt einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer (KapSt) und Solidaritätszuschlag (SolZ) zur KapSt, indem es die im Körperschaftsteuer-Bescheid angesetzte vGA einer KapSt von 15 % unterwarf und KapSt i.H.v. … Euro und SolZ i.H.v. … Euro festsetzte.

Nach Auffassung der C liege keine vGA vor. Sie begründete dies insbesondere damit, dass die Zuschüsse als Betriebseinnahmen anzusetzen seien, so dass sich hinsichtlich der „A“ kein als vGA anzusetzender Verlust ergebe. Die C meinte ferner, dass hinsichtlich des Eigenbetriebs ein einheitlicher BgA vorliege, der die „B“ und die Verpachtung der „A“ zusammenfasse. Im Rahmen dieses einheitlichen BgA glichen die Beteiligungseinkünfte die streitigen Verluste ebenfalls aus. Schließlich ist die C der Ansicht, dass der (etwaige) Verlust nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt sei und auch deshalb keine vGA vorliege. Dafür, ob ein steuerbegünstigter Dauerverlustbetrieb vorliege, sei nach Rz. 49 des BMF-Schreibens vom 12.11.2009 auf die Tätigkeit des Pächters abzustellen. Die Tätigkeit in der „A“ sei mit der – unstreitig nach § 8 Abs. 7 begünstigten – Bewirtschaftung der „B“ vergleichbar. Tätigkeitsschwerpunkt sei in beiden Fällen die Sport- und Tanzsportveranstaltungen, Comedy/Cabaret, Theaterveranstaltungen, Musikveranstaltungen, Konzerte, Messen, Tagungen/Vorträge.

Leitsätze:

1. Wird bei der Verpachtung einer Multifunktionshalle von der jPdöR kein kostendeckendes Pachtentgelt erhoben, liegt dennoch ein (Verpachtungs-)BgA vor, wenn die Halle schon allein auf Grund ihrer Größe und des damit einhergehenden Investitionsvolumens eine wirtschaftlich herausgehobene Stellung einnimmt, ein funktionierender Betrieb überlassen wird und die jPdöR daraus auch Pachteinnahmen erzielt.

2. § 8 Abs. 7 KStG schränkt den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht ein.

3. Der Verlust aus der Verpachtung eines BgA durch die jPdöR ist nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt (Anschluss an BFH, Urteil vom 9.11.2016, BStBl. II 2017 S. 498).

Nach Auffassung des Hessischen Finanzgerichts habe das Finanzamt bei der dauerdefizitären Verpachtung der „A“ zu Recht eine vGA angenommen. Zunächst stellte das Finanzgericht klar, dass die Verpachtung der „A“ nach § 4 Abs. 4 KStG einen BgA begründe. Für das Vorliegen eines Verpachtungs-BgA spiele im Streitfall keine Rolle, dass die von der H-GmbH gezahlten Pachtentgelte nicht kostendeckend gewesen seien, weil die „A“ schon allein auf Grund ihrer Größe und des damit einhergehenden Investitionsvolumens eine wirtschaftliche herausgehobene Stellung einnehme, ein vollständiger funktionsfähiger Betrieb (Multifunktionshalle, eigenes Inventar usw.) überlassen worden sei und die C daraus auch Pachteinnahmen i.H.v. jährlich … Euro erzielen wollte und auch erzielt habe.

Diesen nach § 4 Abs. 4 KStG steuerbaren Verpachtungs-BgA und alle anderen von der C mittels des Eigenbetriebs „B“ mit Einnahmenerzielungsabsicht unternommenen Tätigkeiten habe die C gem. § 4 Abs. 6 KStG zu einem einheitlichen BgA zusammenfassen dürfen. Die Zulässigkeit der Zusammenfassung der verpachteten „A“ mit den kurzfristigen Überlassungen der anderen Veranstaltungsorte (Stadthallen, Bürgerhäuser usw.) folge aus § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG. Denn diese Art der Nutzung von eigenen Veranstaltungsorten sei mit der Verpachtung der Multifunktionshalle „A“ gleichartig (siehe hierzu BMF, Schreiben vom 12.11.2009, BStBl. I 2009 S. 1303, Rz. 16).

Auch die Einbeziehung der Verpachtung der an den einzelnen Veranstaltungsorten vorhandenen gastronomischen Bereiche in den zusammengefassten BgA sei zutreffend. Insoweit könne offenbleiben, ob – im Vergleich zur kurzfristigen Überlassung der Veranstaltungsorte an wechselnde Nutzer – eine i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG gleichartige Tätigkeit vorliege. Denn jedenfalls sei die langfristige Verpachtung der gastronomischen Bereiche der einzelnen Veranstaltungsorte Bestandteil des einheitlichen Betriebskonzepts zur Vermarktung und Nutzung der Veranstaltungsorte. Daraus sei zu schließen, dass das in den Veranstaltungsorten den Nutzern jeweils zur Verfügung stehende gastronomische Angebot jedenfalls i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG „wirtschaftlich-technisch“ mit den übrigen Einnahmen aus den Veranstaltungsorten – nämlich aus der Überlassung an verschiedener Nutzer – verbunden sei.

Gegen die Zusammenfassung von selbst unterhaltenen und verpachteten Betrieben nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG spreche nicht, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH die Verpachtung eines Dauerverlustbetriebs nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt sein könne und dass der BFH dies damit begründe, dass es bei der Verpachtung am (eigenen) „Ausüben“ bzw. „Unterhalten“ eines (Dauerverlust-)Betriebs i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG fehle (BFH, Urteil vom 9.11.2016, a.a.O.). Denn § 8 Abs. 7 KStG sei eine Vorschrift zur Ermittlung der Höhe von Einkünften und enthalte deshalb keine Regelung zur Steuerbarkeit von BgA, so dass § 8 Abs. 7 KStG den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht einschränke.

Da im Streitfall die Voraussetzungen einer steuerlich zulässigen Zusammenfassung vorliegen, seien die ermittelten Ergebnisbeiträge der einzelnen BgA zusammenzufassen. Dabei seien die Beteiligungserträge als Teil des (zusammengefassten) BgA zu erfassen, aber im Ergebnis nach § 8 b Abs. 1 und 5 KStG zu 95 % steuerfrei.

Trotz der zulässigen Zusammenfassung sei es – so das Finanzgericht – rechtmäßig, dass das Finanzamt bei der Ermittlung des im Streitjahr zu versteuernden Einkommens des zusammengefassten BgA vGA i.H.v. … Euro hinzugerechnet habe. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 KStG dafür, dass der Dauerverlust aus der „A“ (ausnahmsweise) keine vGA beinhalte, liegen im Streitfall bereits auf Grund der Verpachtung des „A“-Betriebs nicht vor. Denn nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 9.11.2016, a.a.O.) liege kein begünstigter Dauerverlustbetrieb einer (die übrigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erfüllenden) Kapitalgesellschaft vor, wenn die Kapitalgesellschaft den Dauerverlustbetrieb nicht selbst unterhalte bzw. nicht selbst ausübe, sondern an einen Dritten mit Verlust verpachte. Der erkennende Senat schließe sich dem aus den Gründen des BFH-Urteils vom 9.11.2016 an. Da die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG für die BgA insoweit identisch seien – d.h. es ebenfalls des (eigenen) Ausübens bzw. Unterhaltens des Dauerverlustbetriebs bedürfe – sei der Verlust aus der Verpachtung der „A“ nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt. Das Gericht müsse deshalb den Streit darüber, ob auch die übrigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegen, nicht entscheiden, weil die Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG bereits dem Grunde nach ausscheide.

Nach Auffassung des Finanzgerichts habe das Finanzamt die vGA auch der Höhe nach zutreffend ermittelt. Insoweit sei der unstreitig i.H.v. … Euro auf die Verpachtung entfallende Verlust maßgeblich. Weder der behauptete Investitionskostenzuschuss noch die Beteiligungserträge seien als Minderung des nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht abziehbaren Verlusts zu berücksichtigen (wird ausführlich begründet). Insbesondere die Beteiligungserträge seien nicht geeignet, die durch die Verpachtungsverluste bewirkten vGA auszugleichen. Denn vGA seien bezogen auf jeden Geschäftsvorfall zu ermitteln. Deshalb können die Erträge aus dem Geschäftsvorfall „Einlage einer Kapitalgesellschaft“ im Grundsatz nicht mit den – die vGA bewirkenden – Verlusten aus dem laufend verwirklichten Geschäftsvorfall „Verzicht auf kostendeckendes Entgelt“ verrechnet werden. Zur Festsetzung der KapSt führte das Finanzgericht aus, dass das Finanzamt angesichts der – nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigten – vGA darauf zu Recht KapSt i.H.v. … Euro zzgl. SolZ nacherhoben habe. Eine die KapSt ausschließende Verwendung des steuerlichen Einlagekontos sei unstreitig nicht erfolgt. Abgesehen davon habe die C auch keine (wenn auch nur interne) Bescheinigung i.S.d. § 27 Abs. 3 (i.V.m. Abs. 7) KStG über eine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ausgestellt, so dass auch wegen der Fiktion des § 27 Abs. 5 Satz 2 (i.V.m. Abs. 7) KStG keine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos vorliege.

Anmerkung:

Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 14.9.2017 enthält insbesondere interessante Ausführungen zur Frage, ob die dauerdefizitäre Verpachtung eines BgA, - der, wenn er von der jPdöR selbst betrieben wird, ein steuerbegünstigtes Dauerverlustgeschäft i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG darstellt, - eine vGA verursacht.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei auch ein dauerdefizitärer Verpachtungs-BgA nach § 8 Abs.7 KStG steuerbegünstigt, wenn „der Pächter selbst ausschließlich die in § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG aufgeführten Tätigkeiten“ ausführe.

Im Urteil vom 9.11.2016 (BStBl. II 2017 S. 498) entschied der BFH, dass die Verpachtung eines steuerbegünstigten Dauerverlustgeschäfts (im Streitfall: ein Freibad) durch eine kommunale Kapitalgesellschaft nicht unter die Steuerbegünstigung nach § 8 Abs. 7 KStG falle. Nach Auffassung des BFH setze die Steuerbegünstigung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 (i.V.m. Satz 2) KStG nach dessen Wortlaut voraus, dass die Kapitalgesellschaft das Dauerverlustgeschäft selbst ausübe bzw. unterhalte. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung treffe dies – so der BFH – auch für die Verpachtung des steuerbegünstigten Dauerverlustgeschäfts durch die jPdöR selbst zu. Deshalb sei ein Verpachtungs-BgA nach § 4 Abs. 4 KStG nicht steuerbegünstigt nach § 8 Abs. 7 KStG. Im Urteilsfall des BFH war diese Aussage jedoch (anders wie im Fall des Hessischen Finanzgerichts) mangels Vorliegen eines Verpachtungs-BgA i.S.d. § 4 Abs. 4 KStG nicht entscheidungserheblich. Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 14.9.2017 ist rechtskräftig, wohl auch deshalb, weil eine eventuelle Revision gegen das Urteil aufgrund der zuvor dargestellten BFH-Rechtsprechung keinen Erfolg gehabt hätte.



Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 129 AO

Finanzgericht München, Urteil vom 25.9.2017, „www.gesetze-bayern.de

Sachverhalt:

Der Kreisverband A ist eine regionale Untergliederung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sein BgA „Veranstaltungen“ umfasst insbesondere sämtliche Wohltätigkeitsveranstaltungen und sonstige gesellige Veranstaltungen des Kreisverbandes. Nach Auffassung des A handelt es sich bei diesem BgA um einen Regiebetrieb.

Die Gewinnermittlung erfolgt nach § 4 Abs. 3 EStG. Für das Jahr 2008 errechnete der A einen Verlust von 441 Euro; im Jahr 2009 erzielte A einen Jahresüberschuss von 532 Euro. In den Jahren 2010 bis 2014 erfolgte kein Geschäftsbetrieb, Einkünfte wurden nicht erzielt.

A wurde in den Jahren 2007 bis 2011 entsprechend seiner beim Finanzamt abgegebenen Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer veranlagt. Erklärungen zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG wurden von A für die Jahre 2007 - 2011 nicht abgegeben. Das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2007 und 31.12.2008 wurde vom Finanzamt von Amts wegen jeweils i.H.v. 0 Euro unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO festgesetzt. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2008 wurde der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2008 mit 123.436 Euro festgesetzt. Im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ergaben sich keine Änderungen. Feststellungen, ob es sich beim A um einen sog. Regiebetrieb handelt, wurden nicht getroffen. Mit Bescheiden vom 3.2.2012 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung der für den Prüfungszeitraum (2004 - 2008) ergangenen Steuerbescheide jeweils aufgehoben.

Im Jahre 2014 beantragte A die Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2008. Das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2008 sei unter Berücksichtigung der bis 2008 aufgelaufenen Verluste mit 123.436 Euro festzustellen und für die Folgejahre entsprechend fortzuschreiben. Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung sei im Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer ein verbleibender Verlust zum 31.12.2008 von 123.436 Euro ausgewiesen worden, jedoch vom Finanzamt zu Unrecht nicht in das steuerliche Einlagekonto übernommen worden. Bei BgA von jPdöR sei aufgrund der Fiktion des Verlustausgleichs durch die Trägerkörperschaft der Verlust i.d.R. als Zugang im steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen. Nach Auffassung der A sei der Bescheid wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO zu ändern. Das Finanzamt habe die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos mit Null ohne sachliche Prüfung vorgenommen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der technischen Umsetzung der Prüfungsfeststellungen sei kein Einspruch eingelegt worden. Soweit im Betriebsprüfungsbericht explizit angeführt worden sei, dass es bezüglich des steuerlichen Einlagekontos zu keiner Änderung im Prüfungszeitraum komme, müsse angenommen werden, dass einer solchen Feststellung eine sachliche Prüfung zugrunde liege. Diese Feststellung beinhalte bereits die offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO, die von der Veranlagungsstelle übernommen worden sei, obwohl sich offensichtlich und für Dritte nachvollziehbar aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Bescheiden über den Verlustvortrag, ohne weitere Ermittlungen Gegenteiliges ergebe. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheids zum 31.12.2008 ab, da keine entsprechenden Änderungsmöglichkeiten bestünden.

Leitsätze:

1. Wurde ein BgA im Jahr 2008 entsprechend seiner Steuererklärung zur Körperschaftsteuer veranlagt, das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2008 mangels einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos i.H.v. 0 Euro unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt, und war nach einer Außenprüfung u.a. für das Jahr 2008 ein verbleibender Verlustabzug zum 31.12.2008 festgesetzt worden, und war, weil sich im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos keine Änderungen ergeben hatten und Feststellungen, ob es sich bei dem BgA um einen sog. Regiebetrieb handelt, nicht getroffen wurden, der Vorbehalt der Nachprüfung der für den Prüfungszeitraum ergangenen Steuerbescheide aufgehoben worden, kann die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auf den 31.12.2008 nicht nach § 129 AO berichtigt werden, weil eine mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben ist.

2. Eine nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO erforderliche Mitteilung i.S.d. § 202 Abs. 1 Satz 3 AO kann sowohl in einem bloßen entsprechenden Hinweis im Prüfbericht liegen als auch konkludent in der Aufhebung des Vorbehalts gem. § 164 Abs. 2 Satz 2 AO im Anschluss an die Außenprüfung enthalten sein.

Nach Auffassung des Finanzgerichts habe das Finanzamt den Antrag auf Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2008 zu Recht abgelehnt, da im Streitfall keine Änderungsvorschrift in Betracht komme. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Feststellung des Einlagekontos auf den 31.12.2008 nach § 129 AO i.V.m. § 181 Abs. 6 AO liegen nicht vor. Der Tatbestand des § 129 AO setze zum einen voraus, dass es sich um die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit und damit um einen nur „mechanischen“ Fehler handele, der ebenso „mechanisch“, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden könne. Zum anderen müsse die Unrichtigkeit als mechanischer Fehler offenbar, d.h. für alle Beteiligten erkennbar, augenfällig und eindeutig sein. Ein mechanischer Fehler und damit eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 129 Satz 1 AO liege deshalb nur vor, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls – vor allem nach Aktenlage – die Möglichkeit eines Rechtsirrtums oder einer unvollständigen Sachaufklärung ausgeschlossen werden könne.

Nach diesen Maßstäben seien die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 129 AO im Streitfall nicht erfüllt. Eine offenbare Unrichtigkeit liege schon deshalb nicht vor, da vorliegend eine mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben sei. Der zutreffende Ansatz des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2008 sei das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung, die zudem weitere Sachverhaltsermittlungen erfordere. Der Umstand, dass das Einlagekonto nicht mit 0 Euro, sondern tatsächlich mit 123.436 Euro festgestellt hätte werden müssen, sei das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung. Der Außenprüfer bzw. das Finanzamt hätten Feststellungen darüber treffen müssen, ob es sich beim A um einen Regiebetrieb handele und die erzielten Verluste im Verlustjahr damit als durch die Trägerkörperschaft ausgeglichen gelten. Insoweit hätte der Ausgleich zu einem Zugang in entsprechender Höhe im steuerlichen Einlagekonto geführt. Diese Feststellungen seien vom Finanzamt jedoch nicht getroffen worden. Obwohl der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2008 im Rahmen der Außenprüfung auf einen Wert von 123.436 Euro geändert worden sei, hätte das Finanzamt nicht ohne weitere Sachverhaltsermittlungen erkennen müssen, dass ein Verlustausgleich durch die Trägerkörperschaft zu einem Zugang im steuerlichen Einlagekonto führe und dieses entsprechend festzusetzen sei. Da vorliegend die ernsthafte Möglichkeit eines Rechtsirrtums oder einer unterlassenen Sachverhaltsermittlung bestehe, sei eine Berichtigung nach § 129 AO ausgeschlossen.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2008 sei auch nicht nach §§ 172 ff. AO zu ändern. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vor. Auch wenn dem Finanzamt neue Tatsachen, dh der Umstand, dass es sich beim A um einen Regiebetrieb handele und der Verlustausgleich durch die Trägerkörperschaft zu einem Zugang im steuerlichen Einlagekonto führe, bekannt geworden seien, sei eine entsprechende Berücksichtigung aufgrund der Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO nach Durchführung einer Außenprüfung nicht möglich. Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 AO können Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege. Nach § 173 Abs. 2 Satz 2 AO gelte dies auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen sei. Zwar haben sich im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos bei der Außenprüfung ausweislich des Prüfungsberichts keine Änderungen ergeben. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 2 greife jedoch ebenfalls, wenn eine Mitteilung gemäß § 202 Abs. 1 Satz 3 AO ergangen sei. Die erforderliche Mitteilung könne sowohl in einem bloßen entsprechenden Hinweis im Prüfbericht liegen als auch – wie im Streitfall erfolgt – konkludent in der Aufhebung des Vorbehalts gem. § 164 Abs. 2 Satz 2 AO im Anschluss an die Außenprüfung enthalten sein, so dass auch insoweit die Änderungssperre eintrete.

Anmerkung:

Wie der Streitfall zeigt, kommt es für die Anwendung des § 129 AO bei einem bestandskräftigen Bescheid über die Festsetzung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12. eines Jahres auf den jeweiligen Einzelfall an. Im Fall des Finanzgerichts München wurde m.E. eine Änderung des Bescheids nach § 129 AO (und auch nach § 173 AO) zutreffend und mit richtiger Begründung abgelehnt. Es gibt jedoch auch Fälle in der Rechtsprechung, bei denen eine Änderung eines bestandskräftigen Bescheides über die Festsetzung des steuerlichen Einlagekontos nach § 129 AO bejaht wurde: siehe z.B. Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.10.2017, EFG 2018 S. 11.