-- WEBONDISK OK --

Atomkraftwerk Neckarwestheim II bleibt vorerst am Netz
VGH sieht keine existenziellen Gefahren für Leib und Leben

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat mit Beschluss vom 12.5.2022 (Az.:10 S 1870/21) einen Antrag von zwei Anwohnern auf einstweilige Einstellung des Betriebs des Gemeinschaftskraftwerks Neckarwestheim Teil II abgelehnt. Die Antragsteller wollten den Betrieb wegen vermeintlicher Gefahren durch Risse an Rohren eingestellt wissen.

An dem Kernkraftwerk in Neckarwestheim wurde im Jahr 2017 Wanddickenschwächungen und Risse an durch die Dampferzeuger verlaufenden Heizrohren entdeckt. Diesen Heizrohren wird eine Barrierefunktion zwischen dem Primärkreislauf und dem radioaktivfreien Sekundärkreislauf zugeschrieben, der zudem einer ständige radioaktiven Aktivitätskontrolle unterliegt. Nach umfangreichen technisch-fachlichen Untersuchungen und Beratungen in der Reaktorsicherheitskommission wurden u.a. auf ungünstige wasserchemische Bedingungen zurückzuführende korrosive Bedingungen für die Wanddickenschwächungen ermittelt und entsprechende Abhilfemaßnahmen festgelegt.

Im Juni 2020 haben zwei Anwohner beim für Atomaufsicht zuständigen Umweltministerium beantragt, den Betrieb des Kraftwerks einstweilen einzustellen. Nach ihrer Ansicht bestünde die Gefahr eines Atomunfalls und somit eine drohende existenzielle Gefahr für Leib und Leben. Sie legten Gegengutachten vor, die in verschiedenen Punkten den Gutachten des Umweltministeriums widersprachen und eine Gefahr eines Atomunfalls begründeten. Nach ihrer Ansicht könne die Restlaufzeit bis Ende des Jahres 2022 deshalb nicht mehr abgewartet werden.

Ihr Antrag wurde abgelehnt. Dagegen erhoben die Anwohner im Dezember 2020 Klage und beantragten zugleich Eilrechtsschutz auf einstweilige Einstellung des Betriebs.

Der VGH hat den Antrag abgelehnt. Nach Ansicht der Richter lägen die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung nicht vor. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Antragstellern existenzielle Gefahren für Leib und Leben drohten. Im Atomrecht komme es im Wesentlichen auf fachlich- technische Bewertungen an. Die Exekutive habe hier einen sogenannten „Funktionsvorbehalt“, dem wesentliche Bedeutung zukomme. Nach deren Einschätzung läge ein Risiko für einen Atomunfall nicht vor.

Tatjana Wellenreuther, Richard Boorberg Verlag