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VG Stuttgart erlaubt Verkauf von Eigentumswohnungen zur Quersubventionierung

Stuttgart. In einem aktuellen Urteil erklärte jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart die Quersubventionierung der Bewirtschaftung von Mietwohnungen einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft durch den Verkauf von Eigentumswohnungen als zulässig. In dem Grundsatzurteil beleuchtet das VG den Grundsatz der Subsidiarität kommunaler wirtschaftlicher Betätigung außerhalb der Daseinsvorsorge. Geklagt hatten Ludwigsburger Bauträger gegen die Stadt Ludwigsburg.

Modell „Fair Wohnen“

In Ludwigsburg hatte der Gemeinderat 2006 eine strategische Neuausrichtung seines Wohnungsunternehmens, der Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH (WBL), beschlossen. Seitdem nimmt die WBL weitere Aufgabenfelder wahr, darunter den Neubau und den Verkauf von Eigentumswohnungen. 2010 entwickelte die WBL das Modell „Fair Wohnen“. Ohne Fördermittel von Stadt und Land sowie unter Verzicht auf eigene Rendite soll bezahlbarer und preisgedämpfter Wohnraum geschaffen werden.

2015 errichtete die WBL 40 neue Eigentumswohnungen; in den Folgejahren folgten zahlreiche Projekte, weitere sind geplant. Zum Teil dient deren Errichtung der Realisierung des Modells „Wohnen Plus“, das Senioren zu Gute kommt. Die Stadt argumentiert dabei, sie setze ihre Erlöse aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen mittels Querfinanzierung für soziale Zwecke ein.

Die privaten Bauträger sehen sich dadurch vom Markt gedrängt. Die Quersubventionierung sei eine Umgehung des Subsidiaritätsprinzips.

Subsidiaritätsklausel in der Gemeindeordnung

In Baden-Württemberg gibt es in die Gemeindeordnung seit 2005 eine Subsidiaritätsklausel. Sie soll den Spielraum für eine Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen eindämmen. Der Landesgesetzgeber hatte bei Einführung der Regelung das Ziel vorgegeben: „Vorrang der privaten Wirtschaft“. Außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge ist nach der Klausel bereits bei „Leistungsparität“ mit privaten Dritten eine Betätigung der Gemeinde unzulässig.

Das VG kam jetzt in einem Grundsatzurteil aber zum Ergebnis, dass im Ludwigsburger Fall kein Verstoß gegen die Klausel vorliegt.

In der vielseitigen Begründung zogen die Richter eine Grenzlinie zwischen zulässige Daseinsvorsorge und unzulässiger erwerbswirtschaftlicher Betätigung der Kommunen. Sie legten klar, dass die Querfinanzierung für sich genommen zwar nicht ausreichend sei, um die wirtschaftliche Betätigung der Daseinsvorsorge zuzuordnen. Es müssten mit der wirtschaftlichen Betätigung selbst Gemeinwohlzwecke verfolgt werden, so das VG – und bejahten dies im Ludwigsburger Fall.

Die Erlöse aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen ermöglichten die Finanzierung des in demselben Gebiet realisierten Modells „Wohnen Plus“, so das VG. In Ludwigsburg bestehe ein dringender Bedarf an barrierefreien und rollstuhlgerechten Eigentumswohnungen. Damit unterfalle auch die Errichtung solcher Wohnungen der Daseinsvorsorge. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ das VG die Berufung zum VGH zu (Az. 7 K 7009/17).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag