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Bundesverwaltungsgericht: Landratsamt Rottweil war verpflichtet, Eingaben an Kreisräte weiterzuleiten

Jedermann hat das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an zuständige Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Dies bestimmt das Grundgesetz (Art. 17). Wie jetzt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied, steht die Verwaltungspraxis des Landratsamtes (LRA) Rottweil, Briefe von Petenten an Kreisräte generell nicht an diese weiterzuleiten, nicht in Einklang mit diesem Grundrecht. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hatte die Klage eines Petenten noch abgewiesen.

Im entschiedenen Fall geht es um Briefe eines Bürgers, der sich gegen illegale Waffenexporte einsetzt. Er hatte sie 2016 in verschlossenen Umschlägen an das LRA als Geschäftsstelle des Kreistages geschickt. Die Umschläge waren an die einzelnen Kreisräte adressiert mit der zusätzlichen Zeile „c/o Landratsamt Rottweil“ und enthielten den Hinweis „PERSÖNLICH/VERTRAULICH“. Im Schreiben werden die Kreisräte u.a. dazu aufgefordert, ihre kommunalpolitischen Einflussmöglichkeiten geltend zu machen; außerdem sollen Sie auf einer Unterschriftenliste unterschreiben.

Das LRA weigerte sich, die Briefe weiterzuleiten

Eine rechtliche Verpflichtung zur Aushändigung von Briefen von Privatpersonen an ehrenamtliche Mandatsträger gebe es nicht. Solche Briefe würden grundsätzlich nicht weitergeleitet; anderes gelte nur in Einzelfällen, etwa bei Informationen von gemeinnützigen Vereinigungen.

Der VGH hatte die Schreiben so gedeutet, dass sie an die einzelnen Mitglieder des Kreistags gerichtet waren; die einzelnen Mitglieder seien jedoch keine „Volksvertretung“ im Sinne des Art. 17 GG. Das BVerwG rügte jetzt die Verwaltungspraxis des LRA, ließ dabei aber offen, inwieweit die Voraussetzungen des Art. 17 im Streitfall tatsächlich erfüllt waren. Einige der Briefe waren nämlich, wie sich nachträglich herausgestellt hatte, doch einzelnen Kreisräten zugegangen. Jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung, so das BVerwG, hätte das LRA die Briefe auch den übrigen Kreisräten zuleiten müssen (Az. 8 C 12.19).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag