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VG Karlsruhe zur Abwasserbeseitigungspflicht bei außergewöhnlich heftigen Regenfällen

Karlsruhe. Bei Starkregen kommt es immer wieder vor, dass die Kanalisation den Regenmassen nicht gewachsen ist. Auch ein ungünstiges Straßengefälle kann bei hohen Regenmengen für Rückstaus verantwortlich sein und zu Überschwemmungen führen. Dass in einem solchen Fall der Abwasserbeseitigungspflichtige die Straße entwässern muss, entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe.

Kläger ist ein Grundstückseigentümer, der seinem Nachbarn vorwirft, dieser habe einen zwischen den Grundstücken verlaufenden Feldweg „entgegen der Regeln der Baukunst“ mit einem fehlerhaften Gefälle ausgebaut. Bei Starkregen komme es deshalb regelmäßig zu Überschwemmungen.

Regenereignisse mit geringer Wiederholungswahrscheinlichkeit

Weil die Gemeinde den Ausbau des Feldweges in den 90er-Jahren geduldet hatte, verklagte der Eigentümer auch die Gemeinde. Über eine Entwässerungsanlage verfügt die Straße nicht und seitens der Gemeinde erfolgt auch keine Entwässerung. Das gesammelte Niederschlagswasser wird auf die neben der Straße liegenden privaten Grundstücke abgeleitet und erst dort über private Kanäle in öffentliche Regenwasserkanäle weitergeleitet.

In dem Rechtstreit verteidigte sich die Gemeinde u.a. damit, es handle sich um „Regenereignisse, deren Wiederholungswahrscheinlichkeit bei über 100 Jahren lägen“. Es sei davon auszugehen, dass bei Regenereignissen, deren Wiederholungswahrscheinlichkeit weniger als fünf Jahre betrage, kein Regenwasser auf das Grundstück des Klägers gelange.

Damit zielte die Gemeinde auf einen immer wieder diskutierten Streitpunk: Viele Geschädigte gehen bei Überschwemmungen davon aus, dass ein Kanal, der eine Überschwemmung im Keller verursacht, zu klein bemessen sein muss. Dem wird dann entgegengehalten, dass die Kanalisation angesichts unvertretbar hoher Baukosten nicht alle denkbaren Niederschlagsmengen bewältigen kann. Bei der Bemessung der Kanalisation greift man dann auf den sogenannten „Berechnungsregen“ zurück, wobei in Kauf genommen wird, dass es in gewissen Abständen auch Regenereignisse geben wird, die intensiver sind als der Berechnungsregen.

Gemeinde hat grundsätzliche Pflicht zur Entwässerung

In seinem Urteil betonte auch das VG, dass Abwasserbeseitigungspflichtige nicht unbegrenzt dafür einstehen müssen, dass Grundstücke von Überschwemmungen verschont bleiben. Die Richter bestätigten auch die Rechtsprechung, wonach Abwasserbeseitigungspflichtige nur bis zu einem fünfjährigen Regenereignis in die Verantwortung zu nehmen sind.

Dies nützte der Gemeinde im entschiedenen Fall aber nichts. Das Abstellen auf einen „Berechnungsregen“ sei nämlich nur dann angezeigt, so das VG, wenn eine Entwässerung überhaupt vorhanden sei und es um die Frage der ausreichenden Dimensionierung gehe. Demgegenüber gehe es im Streitfall um die grundsätzliche Pflicht zur Entwässerung. Diese treffe die Gemeinde unabhängig vom Hochwasserschutz und sei ihr „stets zumutbar“ (Az. 10 K 17746/17).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag