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LAG Baden-Württemberg: Bei WhatsApp verbreitete Fake-News über Arbeitskollegen rechtfertigt eine fristlose Kündigung

Wer in privaten Chats unzutreffende, rufschädigende Behauptungen über Kollegen verbreitet, kann auch fristlos gekündigt werden. Dies zeigt ein aktuelles, vom Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg gefälltes Urteil. Das Gericht erklärte die fristlose Kündigung einer kaufmännischen Angestellten für rechtmäßig. Die Frau, gerade erst drei Tage in dem Betrieb beschäftigt, hatte bei WhatsApp das Gerücht, ein Kollege sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden, zum Thema gemacht. Die Behauptung war schlicht falsch, „Fake-News“.

Die Angestellte hatte am Wochenende ein Café besucht und an der Bar das Gerücht aufgeschnappt, der Vater des Geschäftsführers ihres neuen Betriebs sei angeblich ein verurteilter Vergewaltiger. Dass die Behauptung nicht den Tatsachen entsprach, wurde der Frau erst später, im Zusammenhang mit ihrer Kündigung klar.

Wer aufgeschnappte Gerüchte verbreitet …

Das Gerücht hatte die Frau per WhatsApp an ihre neue Kollegin weitergegeben. Die Kollegin, die seit längerem in dem Betrieb arbeitet, hatte sie dabei erst vor zwei Tagen kennengelernt. In der WhatsApp-Unterhaltung fielen dann Sätze wie „…ich werde jetzt ALLES unternehmen, dass wir BEIDE dort rauskommen.“ oder: „Jetzt bin ich geschockt. Ich wusste das er viel scheisse gebaut hat aber das …“ und: „Ich habe auch die Augen aufgerissen. Habe erzählt, wo ich arbeite und die Leute erzählen mir sowas.“

Noch am selben Wochenende initiierte die Kollegin eine Unterredung mit dem Geschäftsführer, mit dabei dessen angeschwärzter Vater. Am darauffolgenden Montag erhielt die neue Mitarbeiterin die fristlose Kündigung.

Vor dem Arbeitsgericht verteidigte sich die Frau, sie habe wegen des Gerüchts Anlass zur Sorge gehabt und auf die Vertraulichkeit der Kommunikation vertraut. Vor dem LAG kam sie damit nicht durch.

Die Richter betonten, dass Äußerungen, die lediglich der Freude am Klatsch, der Befriedigung menschlicher Neugier und der Erregung von Sensationen dienen, eine Ehrverletzung nicht rechtfertigen können. Berechtigte Interessen der Frau sahen die Richter nicht.

… macht sich strafbar

Das LAG hatte die Straftatbestände „Beleidigung“, „Verleumdung“ und „Üble Nachrede“ geprüft und schließlich eine üble Nachrede bejaht. Bei übler Nachrede ist nämlich nicht Voraussetzung, dass der Täter weiß, dass die ehrenrührige Tatsachenbehauptung unwahr ist.

Dabei stellten die Richter auch heraus, dass sich schon strafbar macht, wer die fremde Behauptung an nur eine Person weitergibt, und dies auch, wenn dies vertraulich geschieht.

Angesichts der gravierenden Beschuldigung einer Vergewaltigung und dem Umstand, dass das Arbeitsverhältnis nicht einmal drei Tage bestanden hatte, entschieden die Richter schließlich auch bei der – bei Kündigungsschutzklagen immer vorzunehmenden – Interessenabwägung eindeutig zuungunsten der Arbeitnehmerin. Allen, die eine Neigung verspüren, Ehrenrühriges über Arbeitskollegen oder Vorgesetzte in sozialen Medien inklusive WhatsApp zu verbreiten, kann dieses klare Urteil eine Warnung sein (Az. 17 Sa 52/18).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag