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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 06/2019

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 06/2019 (September 2019)

Aktuelles aus der Verwaltung

Anwendungsbereich des § 2 b UStG bei der Überlassung von unselbständigen Parkflächen gegen Gebühr

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, Schreiben vom 2.5.2019 an die bayerischen Kommunalverbände, Versorgungs Wirtschaft 9/2019 Seite 282

Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat teilt im o.g. Schreiben vom 2.5.2019 mit, dass die für Umsatzsteuer zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes zur Überlassung von unselbständigen Parkflächen gegen Gebühr – in Klarstellung und Ergänzung des zweiten Beispiels der Rz. 37 des BMF-Schreibens vom 16.12.2016 (BStBl. I 2016 S. 1451) – Folgendes beschlossen haben:

„Die Überlassung von unselbständigen Parkbuchten auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen in Verbindung mit der Aufstellung von Parkscheinautomaten/Parkuhren gegen Gebühr fällt unter den Anwendungsbereich des § 2 b Absatz 1 Satz 1 UStG. Da diese Parkflächenüberlassung der Ordnung und Sicherung des ruhenden Verkehrs dient, liegen keine größeren Wettbewerbsverzerrungen im Sinne des § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG im Verhältnis zu privaten Wirtschaftsteilnehmern vor, so dass mangels Unternehmereigenschaft diese Umsätze unter Geltung der Neuregelung in § 2 b UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Gleiches gilt auch für die Ausgabe von Bewohnerparkausweisen gegen Gebühr.“

Anmerkung:

Das oben dargestellte Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat betrifft die sog. unselbständigen Parkflächen. Dabei handelt es sich um Parkflächen, die in den Straßenkörper einer öffentlichen Straße einbezogen sind und mit ihr eine Einheit bilden (z.B. Parkbuchten). Die Überlassung derartiger Parkflächen führe – so die Finanzverwaltung – unter Geltung des § 2 b UStG nicht zur Unternehmereigenschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Im Gegensatz zu den unselbständigen Parkflächen handelt es sich bei den selbständigen Parkflächen um außerhalb öffentlicher Straßen befindliche Parkflächen. Unabhängig davon, ob die Überlassung derartiger Parkflächen gegen Entgelt auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (z.B. im Rahmen der Straßenverkehrsordnung – StVO –, vgl. §§ 13, 44, 45 StVO) oder auf zivilrechtlicher Grundlage (Mietvertrag) erfolgt, stellt der Betrieb von selbständigen Parkflächen eine unternehmerische Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts dar: im ersten Fall nach § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG (Ausnahme: Umsätze sind nicht mehr als 17.500 €, vgl. § 2 b Abs. 2 Nr. 1 UStG), im zweiten Fall nach § 2 Abs. 1 UStG.

- Bundesfinanzhof, Urteil vom 1.12.2011, BStBl. II 2017 Seite 834 - Baldauf, Besteuerung der kommunalen Parkraumbewirtschaftung, Zeitschrift für Kommunalfinanzen 2019 Seite 49

Aktuelles Urteil

Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG bei Umwandlung eines Regiebetriebs (Vermietung von Sozialwohnungen) in eine Anstalt des öffentlichen Rechts

Finanzgericht München, Urteil vom 19.6.2019 – 4 K 2515/16

Sachverhalt

Die Anstalt des öffentlichen Rechts Z (AöR Z) erwarb infolge einer Umwandlung (Ausgliederung) bestimmte Wohngrundstücke von der Stadt X. Daraufhin setzte das Finanzamt gegen die AöR Z Grunderwerbsteuer i.H.v. … € fest.

Gegen die ergangenen Grunderwerbsteuerbescheide legte die AöR Z Einspruch mit der Begründung ein, dass der der Besteuerung zugrunde liegende Erwerbsvorgang unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 GrEStG fallen würde. Bei dem Grundvermögen handle es sich um Wohnungen, die von der AöR Z zu sozialverträglichen Konditionen vermietet werden. Dies stelle gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV) sowie Art. 57 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO BY) eine öffentlich-rechtliche Aufgabe dar, die sich aus der kommunalen Pflicht zur Daseinsvorsorge ergebe. Diese Aufgabe sei von der Stadt X vollständig auf die AöR Z übertragen worden.

Nach Auffassung des Finanzamts seien die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt, da die Verwaltung und Vermietung von Wohnimmobilien keine öffentlich-rechtliche Aufgabe i.S.d. genannten Norm darstellen würde. Darüber hinaus würde die AöR Z mit ihrer Vermietungstätigkeit in Wettbewerb zu privaten Vermietern treten, was der begehrten Steuerbefreiung ebenfalls entgegenstehe.

Leitsätze

1. Ein Regiebetrieb i.S.d..Art. 89 Abs. 1 GO BY, der in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt werden kann, ist auch dann anzunehmen, wenn eine Gemeinde infolge ihrer Vermietungstätigkeit am Marktgeschehen teilnimmt. Grundstücksübereignungen anlässlich einer derartigen Umwandlung unterfallen § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG.

2. Eine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne von § 4 Nr. 1 GrEStG ist nicht nur dann gegeben, wenn es sich um eine hoheitliche Aufgabe handelt. Eine bloß nach dem Privatrecht ausgestaltete Vermietung gemeindlichen Vermögens (hier: Sozialwohnungen) an Dritte stellt jedoch noch keine öffentlich-rechtliche Aufgabe einer Gemeinde dar, weil sie ihre Grundlage nicht im öffentlichen Recht hat.

Nach Auffassung des Finanzgerichts München sei der vom Finanzamt erlassene Grunder-werbsteuerbescheid gegen die AöR Z rechtmäßig. Durch die Umwandlung (Ausgliederung) seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt; eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG komme nicht in Betracht.

Der Abschluss der Ausgliederungsvereinbarung zwischen der Stadt X und der AöR Z habe ein Umwandlungsvorgang begründet. Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO BY ermögliche jedoch jeder Gemeinde, dass sie einen Eigen- bzw. Regiebetrieb in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umwandelt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO BY seien im Streitfall erfüllt. Die Vermietung der streitgegenständlichen Wohnungen sei unstreitig nicht außerhalb der allgemeinen Verwaltung der Stadt X erfolgt, so dass ein Eigenbetrieb i.S.d. Art. 88 Abs. 1, Art 89. Abs. 1 GO BY nicht gegeben sei. Allerdings liege im Streitfall ein Regiebetrieb i.S.d. Art. 89 Abs. 1 GO BY vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu Art. 96 GO BY a.F. (= Art. 89 GO BY n.F.) sowie der Gesetzesbegründung zu Art. 88 GO BY gehe der Gesetzgeber davon aus, dass es sich bei dem Regiebetrieb i.S.d. Vorschriften um ein nichtwirtschaftliches Unternehmen handele. Ausgehend von dem Wortlaut des Art. 88 Abs. 6 GO BY und der Gesetzesintention handele es sich bei dem Regiebetrieb daher um eine innerhalb der allgemeinen Gemeindeverwaltung geführte, nicht verselbständigte Verwaltung einer gemeindlichen Unternehmung. Um den Zweck der Art. 86 ff. GO BY, der auch darin bestehe, die potenziellen Wettbewerber vor dem Auftreten einer Gemeinde auf dem Markt zu schützen (vgl. Art. 87 GO BY), gerecht zu werden, sei daher insgesamt ein weites Verständnis des Regiebetriebes geboten. Ein Regiebetrieb i.S.d. Art. 89 Abs. 1 GO BY sei damit auch dann anzunehmen, wenn eine Gemeinde – wie im Streitfall die Stadt X – infolge ihrer Vermietungstätigkeit am Marktgeschehen teilnehme.

Der Eigentumsübergang sei im Streitfall gemäß Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO BY erfolgt, da zu diesem Zeitpunkt die Gesamtrechtsnachfolge eingetreten sei. Damit seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG erfüllt.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG komme nicht in Betracht, weil die Wohnungen nicht aus Anlass des Übergangs von öffentlichen Aufgaben auf die AöR Z übertragen worden seien.

Das Finanzgericht hält für das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe für wesentlich, dass sie ihre Grundlage im öffentlichen Recht habe und im öffentlichen Interesse wahrgenommen werde. Eine bloß nach dem Privatrecht ausgestaltete Vermietung des gemeindlichen Vermögens an Dritte stelle jedoch noch keine öffentlich-rechtliche Aufgabe einer Gemeinde dar, weil sie ihre Grundlage nicht im öffentlichen Recht habe. Soweit sich die AöR Z diesbezüglich auf Art. 83 Abs. 1 BV und 28 Abs. 2 GG berufe, berücksichtige sie nicht, dass diese Normen nur die Befugnis enthalten, wonach eine Gemeinde ihr Vermögen in eigenem Wirkungskreis verwalten darf. Daraus lasse sich jedoch nicht die Schlussfolgerung ableiten, wonach es Aufgabe der Gemeinden sei, Vermögen aufzubauen und zu verwalten. Da eine Wohnung keine öffentliche Einrichtung i.S.d. Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO BY darstelle, könne deren Vermietung ohne Weiteres auch keine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne der letztgenannten Norm sein. Der AöR Z sei jedoch insoweit zuzustimmen, als es sich bei der Daseinsvorsorge um eine öffentliche Aufgabe handeln könne, da die Erfüllung dieser Aufgabe regelmäßig im Interesse der Allgemeinheit und des Gemeinwohls stehe. Dazu gehöre gemäß Art. 106 Abs. 1 und 2 BV auch die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem, billigem Wohnraum. Die Stadt X und anschließend die AöR Z, die nach eigenem Vortrag und Aussage des Zeugen B die bis dahin ausgeübte Vermietungstätigkeit der Stadt X unverändert fortführen sollte, haben jedoch wegen des unstreitig desolaten Zustands und veralteten Standards der streitgegenständlichen Wohnungen keine angemessenen, billigen Wohnungen im Sinne der o.g. Verfassungsnorm angeboten. Das Finanzgericht sei zwar nach Vortrag der AöR Z und insbesondere der Aussage des Zeugen B davon überzeugt, dass die Wohnungen bis dato faktisch überwiegend an sozial Schwache vermietet werden, womit die Stadt X ihrer sozialen Verantwortung für diese hilfsbedürftige Bevölkerungsgruppe im gewissen Maße nachkomme. Das Finanzgericht sei auch davon überzeugt, dass die Stadt X sich bewusst zugunsten der sozial schwachen Bevölkerungsschicht dazu entschlossen habe, über die streitgegenständlichen Wohnungen nicht zum Zweck der Erzielung eines höchstmöglichen Profits zu verfügen. Diese Tatsachen allein reichen jedoch nicht aus, um im Streitfall das Vorliegen einer aus dem Art. 106 BV abgeleiteten öffentlich-rechtlichen Aufgabe anzunehmen. Der Vollzug der Mietverträge deute vielmehr auf eine Vermietungstätigkeit zu marktüblichen Konditionen hin. Die in den Mietverträgen seinerzeit durchschnittlich vereinbarte Miete sei zwar von der ortsüblichen durchschnittlichen Miete in X abgewichen, dies aber nur deshalb, weil der Zustand der streitgegenständlichen Wohnungen ebenfalls von einer durchschnittlichen Wohnung abgewichen sei.

Werde bei einem Mietverhältnis eine, dem Zustand des Mietobjekts entsprechende, marktübliche Miete verlangt, so sei der Vermieter nicht im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus i.S.d. Art. 106 BV tätig.

Anmerkung

Nach § 4 Nr. 1 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts u.a. dann von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlichen Aufgaben von der einen auf die andere juristische Person übergeht und nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) dient.

Geht man davon aus, dass die streitgegenständlichen Wohnungen ohne Inventar von der Stadt X und später von der AöR Z vermietet wurden, stellt diese Vermietungstätigkeit weder bei der Stadt X noch bei der AöR Z einen BgA dar, da es sich insoweit um reine Vermögensverwaltung und nicht um eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 KStG handelt. Das Finanzgericht München war jedoch der Auffassung, dass es sich bei der privatrechtlich ausgestalteten Vermietungstätigkeit nicht um eine öffentliche Aufgabe handele, die bei der Übertragung des Wohngrundstücks zur Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 4 Nr. 1 GrEStG führe.

Die üblicherweise im Zusammenhang mit der Umwandlung (Ausgliederung) entstehende ertragsteuerliche Frage der Aufdeckung und Versteuerung der in den übertragenen Wirtschaftsgütern (Wohnungen) enthaltenen stillen Reserven (vgl. hierzu: OFD Hannover, Verfügung vom 27.11.2009, Der Betrieb 2010 S. 477) stellt sich im Streitfall nicht, da die Stadt X (und auch die AöR Z) mangels BgA-Eigenschaft der Vermietungstätigkeit kein der Körperschaftsteuer unterliegendes Steuersubjekt i.S.d. § 1 KStG darstellt.

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