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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 05/2021

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 05/2021

Aktuelles Urteil

Kapitalertragsteuer – Sinngemäße Anwendung der Verwendungsfestschreibung nach § 27 Abs. 5 KStG auf Betriebe gewerblicher Art (BgA) in Form eines Regiebetriebs
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2020 - 6 K 2049/17 KE (www.fg-duesseldorf.nrw.de)

Tatbestand:

Die Gemeinde G unterhielt einen BgA in Form eines Regiebetriebs, der seit Jahren Verluste erzielte. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 24.07.2015 wurde die Körperschaftsteuer der G unter Berücksichtigung eines Jahresfehlbetrags i.H.v. ...€ auf…€ festgesetzt. Durch Bescheid zum 31.12.2013 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 24.7.2015 wurde das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ...€ festgestellt, dabei wurden die von der G erklärten Einlagen berücksichtigt.

Das Finanzamt stellt im Rahmen einer Außenprüfung fest, dass ein Teil des im Jahr 2013 beim Regiebetrieb angefallenen Verlustes ein nicht begünstigter Dauerverlust sei. Dies löse – so die Auffassung des Finanzamts – eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an die Trägerkörperschaft, also die G, aus. Folge dieser vGA sei grundsätzlich die Besteuerung mit Kapitalertragsteuer (KapSt). Diese Rechtsfolge lasse sich nur durch eine etwaige Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vermeiden. Diese Vermeidung sei jedoch formal an die Vorlage einer Verwendungsbescheinigung i.S.d. § 27 Abs. 3 KStG gebunden. Nur wenn diese Bescheinigung vorliege, könne eine Ausschüttung ohne KapSt aus dem Einlagekonto vorgenommen werden. Über § 27 Abs. 7 KStG und § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG gelte dies unmittelbar für verdeckte Gewinnausschüttungen von BgA. Eine Nachholung dieser Bescheinigung sei aufgrund von § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht möglich, weil entsprechende Werte für das Einlagekonto bereits erklärungsgemäß veranlagt worden seien. Die vGA 2013 sei gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG und § 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG mit 15 % KapSt zu belegen. Sie entstehe gemäß § 44 Abs. 6 KStG spätestens acht Monate nach Abschluss des Wirtschaftsjahres (hier also am: 31.08.2014).

Das Finanzamt erließ daraufhin am 30.01.2017 einen Nachforderungsbescheid über die Festsetzung von KapSt und Solidaritätszuschlag zur KapSt für den Anmeldezeitraum 2014.

Nach Auffassung der G seien die Regelungen zur Bescheinigungspflicht nach § 27 Abs. 3 und 5 KStG nicht auf BgA in Form eines Regiebetriebs anzuwenden. Zwar ordne § 27 Abs. 7 KStG (i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG) eine sinngemäße Anwendung der Regelungen zur Bescheinigungspflicht auch für BgA an. Der mit § 27 KStG verbundene Zweck mit einer Bescheinigung gerade die Besteuerung auf der zweiten Ebene bei der Veranlagung des Anteilseigners sicherzustellen, gehe hier fehl, da es bei der Trägerkörperschaft gerade keine Veranlagung gebe. Es bedürfe also gerade keiner Bescheinigung, um die zutreffende Besteuerung bei einem anderen Steuerpflichtigen verfahrenstechnisch zu organisieren.

Gerade auch die § 27 Abs. 5 KStG zugrunde liegenden Erwägungen zur Vermeidung von Missbrauch greifen bei den speziellen Verhältnissen eines BgA in Form eines Regiebetriebes nicht. Die fehlende wirtschaftliche Verselbständigung eines Regiebetriebes, bei dem deshalb unstreitig unmittelbar eine Zuordnung zur Trägerkörperschaft erfolge – Gewinne gelten als unmittelbar ausgeschüttet, Verluste als unmittelbar ausgeglichen – spreche eher dafür, dass auch ohne Bescheinigung eine Verrechnung mit dem Einlagekonto zu erfolgen habe. Dies sei Ausfluss des Automatismus bei Gewinntransfer und Verlustausgleich. Bei dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass der Sinn und Zweck der Regelung des § 27 Abs. 3 KStG und insbesondere des § 27 Abs. 5 KStG eine Anwendung auf einen BgA in Form eines Regiebetriebes erfordern würde. Das Festhalten an dem formalen Erfordernis stelle sich insoweit als bloßer Formalismus dar.

Leitsatz:

Auch bei einer verdeckten Gewinnausschüttung eines BgA in Form eines Regiebetriebs an seine Trägerkörperschaft führt die Nichterteilung einer Verwendungsbescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung nach § 27 Abs. 2 KStG zu einer der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage zugrunde zu legenden Verwendungsfestschreibung des Betrags der Einlagenrückgewähr mit 0 Euro.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf habe das Finanzamt die Gemeinde G als (Ersatz-) Steuerpflichtige des Regiebetriebs zu Recht aufgefordert, KapSt auf eine vGA abzuführen.

§ 27 Abs. 5 Satz 2 KStG i.V.m. § 27 Abs. 7 KStG sei auch für Regiebetriebe anwendbar. Zwar sei der BgA in Form eines Regiebetriebs mangels eigener Rechtspersönlichkeit mit seiner Trägerkörperschaft zivilrechtlich identisch. Es sei jedoch kein Grund ersichtlich, die Trägerkörperschaft hinsichtlich der Verwendungsfestschreibung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG anders zu behandeln als Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Festschreibung der Verwendung des Einlagekontos zu einem bestimmten Zeitpunkt habe auch für Regiebetriebe Bedeutung. Die materiell-rechtliche Berechnung einer Einlagenrückgewähr solle durch die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitig oder gar nicht erteilten Steuerbescheinigung stets überlagert werden.

Im Streitfall habe die zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus der Kapitalrücklage nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf ...€ geführt. Die G als (Ersatz-) Steuerpflichtige habe bis zum Tag der Bekanntgabe des Bescheids vom 24.7.2015 über die Feststellung des Einlagekontos zum 31.12.2013 keine Steuerbescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG erteilt. Damit sei nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG von einer Minderung des Einlagekontos aufgrund der Ausschüttungen des Jahres 2013 um ...€ auszugehen und die hiermit verbundene Verwendungsfiktion der Ermittlung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.

Das Finanzgericht stellte dann ausführlich dar, dass das Finanzamt dem Grunde und der Höhe nach zu Recht einen Nachforderungsbescheid über KapSt gegenüber der G erlassen habe.

Die Revision wurde zugelassen, weil die bisherigen BFH-Urteile zur Verwendungsfestschreibung sich auf GmbHs und nicht ausdrücklich auf Regiebetriebe beziehen.

Anmerkung:

Nach einer Auffassung in der Literatur, auf die auch das Finanzgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 23.6.2020 hinweist, sei § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht für Regiebetriebe anwendbar. Der Regiebetrieb sei mangels eigener Rechtspersönlichkeit mit seiner Trägerkörperschaft zivilrechtlich identisch, weshalb die Trägerkörperschaft aus diesem Grunde hinsichtlich der Verwendungsfest-schreibung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG anders zu behandeln sei als die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. Das Finanzgericht Düsseldorf folgt in seinem Urteil vom 23.6.2020 – mit m.E. überzeugender Begründung – dieser Auffassung nicht. Zweck des § 27 Abs. 5 KStG sei – so das Finanzgericht – nicht in erster Linie die Besteuerung auf der Ebene der Veranlagung des Anteilseigners sicherzustellen, sondern die Verwendung des Einlagekontos zu einem bestimmten Zeitpunkt festzuschreiben. Dieser Zweck habe für einen Regiebetrieb ebenso Bedeutung wie für eine Kapitalgesellschaft, so dass die sinngemäße Anwendung des § 27 Abs. 5 KStG i.V.m. § 27 Abs 7 KStG dem Sinn und Zweck der Norm entspreche.

 

Aktuelles aus der Finanzverwaltung

Steuerbarkeit von Zuschüssen seitens der öffentlichen Hand an Verkehrsunternehmen während der Corona-Krise
Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Verfügung vom 28.4.2020, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2020 Seite 132

Die OFD Nordrhein-Westfalen teilt in ihrer Verfügung vom 28.4.2020 u.a. Folgendes mit:

„…
In Abstimmung zwischen Bund und Ländern ist hinsichtlich der Zahlungen an Verkehrsunternehmen trotz Schulschließungen während der Corona-Krise das Folgende beschlossen worden:

1. Stellen Verkehrsunternehmen ihren Linienverkehr ein, weil sie ihre vertraglichen Verpflichtungen der Schülerbeförderung gegenüber den Aufgabenträgern aufgrund höherer Gewalt nicht erfüllen können und erhalten sie – ohne dass dies explizit in den abgeschlossenen Verträgen vorgesehen ist – weiterhin anteilige Zahlungen der Aufgabenträger zur Minimierung der finanziellen Schäden, liegt kein steuerbarer Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.

2. Stellen Verkehrsunternehmen ihren Linienverkehr ein, weil sie ihre vertraglichen Verpflichtungen der Schülerbeförderung gegenüber den Aufgabenträgern aufgrund höherer Gewalt nicht erfüllen können und erhalten sie in diesem Falle aufgrund einer Vertragsklausel weiterhin anteilige Zahlungen der Aufgabenträger, liegt ebenfalls kein steuerbarer Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.

Vorsteuerabzug
Die Qualifizierung von Zuschüssen als echte nicht steuerbare Zuschüsse führt nicht zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG.
…“

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