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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 04/2021

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 04/2021

Aktuelles aus der Finanzverwaltung

Umsatzsteuerliche Behandlung von Schülergenossenschaften
BMF, Schreiben an den Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V. vom 16.7.2020 - III C 2 – S 7107/19/10005 :018

Im o.g. Schreiben teilt das BMF u.a. Folgendes mit:

Schülergenossenschaften unter dem Dach einer öffentlich-rechtlichen Schule:
Schülergenossenschaften, die rechtlich unselbständig als Schulprojekte unter dem Dach der Schule, also eines öffentlich-rechtlichen Schulträgers oder unter dem Dach einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geführt werden, handeln grundsätzlich unternehmerisch und zwar auch dann, wenn sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage handeln. Dies ergibt sich – bei Verkauf neuer Gegenstände – aus § 2b Abs. 4 Nr. 5 UStG i.V.m. Ziffer 6 des Anhang I zur MwStSystRL oder – bei anderen Tätigkeiten – aus § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG, soweit der aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Jahresumsatz voraussichtlich 17.500 € jeweils übersteigt (§ 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG).

Das Vorgenannte gilt für vergleichbare Schülerfirmen von öffentlich-rechtlichen Schulen, die nicht als Schulgenossenschaften firmieren.

Schülergenossenschaften unter dem Dach privatrechtlicher Schulträger oder privat-rechtlicher Rechtsträger (z.B. gemeinnützige Schulfördervereine) sind von der Neuregelung zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (u.a. § 2b UStG) nicht betroffen.

Leistungen durch Schülergenossenschaften an andere Schülergenossenschaften bzw. andere Schulen desselben Unternehmers (z.B. Stadt oder Landkreis als Schulträger) sind als sog. Innenumsätze nicht steuerbar.

In der Regel besteht keine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, da aufgrund der Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten, die Schülergenossenschaften ausüben, nicht pauschal davon ausgegangen werden kann, dass es sich dabei stets um Schul- und Hochschulunterricht oder damit eng verbundene Leistungen handelt.

In der Regel keine Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) bei Schulgenossenschaften unter dem Dach der Schule, weil der jeweilige Unternehmer (z.B. die Stadt oder der Landkreis als Schulträger) die in § 19 UStG genannten Grenzen wohl stets überschreitet.

 

Besteuerung von in Kindertageseinrichtungen und Schulen erzielten Umsätzen im zeitlichen Anwendungsbereich von § 2 b UStG
Bayerisches Landesamt für Steuern (BayLfSt), Verfügung vom 08.01.2021, "www.finanzamt.bayern.de"

In der o.g. Verfügung nimmt das BayLfSt zu Umsätzen von Schulen und Kindertageseinrichtungen, die durch Elternbeiräte, Schülermitverwaltungen, Schulfirmen, Schülerfirmen und Fördervereinen erzielt werden, Stellung. Danach ist wie folgt zu unterscheiden:

Elternbeiräte

Zurechnung der Umsätze

Der Elternbeirat ist – wie die Kindertageseinrichtung oder die Schule selbst – nicht rechtsfähig und damit ein unselbstständiges Organ des jeweiligen Trägers der Einrichtung (z.B. Gemeinde, Landkreis, Pfarrgemeinde usw.). Die Umsätze des Elternbeirats sind regelmäßig dem jeweiligen Sachaufwandsträger zuzurechnen.

Steuerbarkeit der Umsätze

Die Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer, sofern und soweit der Elternbeirat nachhaltig i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG tätig werde. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall.

Für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit sprechen folgende Kriterien:
• mehrjährige Tätigkeit;
• planmäßiges Handeln;
• auf Wiederholung angelegte Tätigkeit;
• die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes;
• Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses;
• langfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis;
• Intensität des Tätigwerdens;
• Beteiligung am Markt;
• Auftreten wie ein Händler;
• Unterhalten eines Geschäftslokals;
• Auftreten nach außen, z.B. gegenüber Behörden.

Eine nachhaltige Tätigkeit ist mangels Beteiligung am Markt regelmäßig nicht anzunehmen, sofern sich im Rahmen einer Festlichkeit/ Aktivität des Teilnehmerkreises/ die Zielgruppe üblicherweise auf die „Mitglieder“ der jeweiligen Einrichtung beschränkt.

Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen gegeneinander abgewogen werden.

Beispiele für nachhaltige Nachhaltigkeit:
• Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Hierfür schaltet er eine Werbeanzeige im Gemeindeblatt. Das Angebot richtet sich an die breite Öffentlichkeit.
• Der Elternbeirat einer Schule betreibt alljährlich einen Glühwein-Stand auf dem gemeindlichen Christkindlmarkt.

Beispiele für mangelnde Nachhaltigkeit:
• Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung veranstaltet ein Sommerfest sowie eine St.–Martin-Feier. Auf beiden Festen werden Getränke und Kuchen verkauft. Zielgruppe sind die Kinder, deren Eltern und Großeltern.
• Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Das Angebot richtet sich lediglich an die Eltern der Kinder der Kindertageseinrichtung.
• In einer größeren Stadt existieren zehn städtische Kindertageseinrichtungen. Jede dieser Kindertageseinrichtungen veranstaltet ein internes Sommerfest, an dem Umsätze aus dem Verkauf von Kaffee und Kuchen sowie der Durchführung einer Tombola erzielt werden.

Eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Tätigkeit liegt auch im folgenden Beispiel vor:
• Zu Weihnachten möchte der Elternbeirat im Namen der Kindertageseinrichtung eine Sachspende für wohltätige Zwecke tätigen. Hierfür sammelt er Gelder von den Eltern der Kinder ein. Die eingesammelten Gelder stellen mangels Leistungsaustausch keinen Umsatz dar.

Schulfirmen/Schulprojekte

Schulfirmen/ Schulprojekte sind Übungsfirmen und Tätigkeiten von Schülerinnen und Schülern z.B. im Rahmen des fachlichen Unterrichts. Produkte und Dienstleistungen, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des fachlichen Unterrichts herstellen bzw. erbringen, sind essentieller Bestandteil ihrer Ausbildung an sich. Ihre Herstellung bzw. Erbringung erfolgt auf Veranlassung und in Verantwortung der Schule und nicht „unter dem Dach“ einer ggf. selbstständigen Schülerfirma (siehe unten). Der pädagogische Aspekt steht dabei im Mittelpunkt.

Beispiele:
• Fachakademien für Ernährungs- und Versorgungsmanagement bieten Catering für Veranstaltungen an. Der Erlös geht an den Sachaufwandsträger.
• Eine staatliche Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau verkauft im Fachunterricht hergestellte Geigen an selbständige Geigenbauer. Die Schule stellt dem Geigenbauer eine Rechnung; die Finanzen werden über die Kämmerei des Landratsamtes abgewickelt.

Die Einnahmen sind dem Sachaufwandsträger zuzurechnen. Im Regelfall führt die Ausführung dieser Umsätze zu einer steuerbaren Tätigkeit. Abhängig von der Ausgestaltung des jeweiligen Einzelfalls können jedoch auch nicht steuerbare Innenumsätze oder hoheitliche Hilfsgeschäfte im Sinne des Abschnitts 2 b.1 Absatz 9 UStAE vorliegen.

Die Kleinunternehmerregelung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Gesamtumsatz des Trägers die Umsatzgrenzen des § 19 UStG unterschreitet.

Schülerfirmen

Bei einer (selbständigen, nicht in Verantwortung der Schule tätigen) Schülerfirma handelt es sich aufgrund ihrer pädagogischen Zielsetzung grundsätzlich um eine schulische Veranstaltung, in deren Rahmen Schülerinnen und Schüler Produkte herstellen und an Dritte verkaufen bzw. Dienstleistungen anbieten. Bei dem Zusammenschluss der Schüler handelt es sich regelmäßig um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Kennzeichen der GbR ist, dass die Gesellschaft aus geschlossenen Verträgen als solche berechtigt und verpflichtet wird. Schülerfirmen sind somit ein eigenständiger Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Unter den Voraussetzungen des § 19 UStG wird die Umsatzsteuer nicht erhoben.

Fördervereine

Fördervereine sind eigenständige Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Unter den Voraussetzungen des § 19 UStG wird die Umsatzsteuer nicht erhoben.

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