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Newsletter Besteuerung der öffentlichen Hand 03/2020

Von Professor Thomas Maier, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl

Rechtsanwalt/Steuerberater

Nr. 03/2020

Aktuelles aus der Finanzverwaltung

Anwendungsfragen des § 2 b UStG
BMF, Schreiben an die kommunalen Spitzenverbände vom 20.2.2020 - III C 2 – S 7107/19/10009 :003

Die kommunalen Spitzenverbände haben mit Schreiben an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 30.10.2019 zahlreiche Fragen zur Anwendung des § 2 b UStG gestellt. Ein Teil dieser Fragen wurde vom BMF schon in früheren Schreiben beantwortet:

Zu den restlichen im Schreiben der kommunalen Spitzenverbände vom 30.10.2019 aufgeworfenen Fragen nimmt das BMF im Schreiben vom 20.2.2020 teilweise Stellung (siehe die nachfolgenden Ausführungen) bzw. verweist darin auf noch zu ergehende BMF-Schreiben (z.B. zu gemeinsamen Einrichtungen zur Beihilfe-, Besoldungs- und Gehaltsabrechnungen) bzw. auf weitere Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene (z.B. zu Konzessionsabgaben, zu Friedhofsgebühren, zur Erstellung einer Positiv-/Negativliste bei hoheitlichen Hilfsgeschäften).

Nachfolgend werden die vom BMF im Schreiben vom 20.2.2020 beantworteten Fragen der kommunalen Spitzenverbände zur Anwendung des § 2 b UStG dargestellt:

  • Interkommunale Rechenzentren
    Stellungnahme des BMF:
    „Erbringen interkommunale Rechenzentren Leistungen, die gleichartig im Wettbewerb auch von privaten Dritten erbracht werden können, würde die Nichtbesteuerung dieser Leistungen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen. Daher ist regelmäßig von einer Unternehmereigenschaft auszugehen.“

  • Interkommunale Callcenter und der D115-Verbund
    Beim D115-Verbund können Bürgerinnen und Bürger über die einheitliche Behördenrufnummer 115 Auskünfte erhalten. Im Zuge des D115-Verbundes sind viele Kommunen dazu übergegangen, gemeinsame Callcenter zur Erledigung der Aufgaben im D115-Verbund aufzubauen.
    Stellungnahme des BMF:
    „Die Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen für den Bürger durch ein Callcenter ist auch privaten Anbietern möglich. Daher ist regelmäßig von einer Unternehmereigenschaft auszugehen. Zu den etwaigen Leistungsbeziehungen innerhalb des D115-Verbundes enthält die Anfrage keine ausreichenden Informationen.“

  • Personalgestellungen
    Nach Auffassung des BMF stelle die entgeltliche Überlassung von Personal einen nachhaltigen Leistungsaustausch dar, der zur Unternehmereigenschaft führe. Wenn Personal gegen Entgelt überlassen werde, liege grundsätzlich ein steuerbarer und steuerpflichtiger Vorgang vor. Die Unternehmereigenschaft könne im Einzelfall entfallen, wenn keine größeren Wettbewerbsverzerrungen i.S.d. § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG vorliegen.

  • Wahrnehmung wesentlicher Teilaufgaben für eine andere jPdöR in den Bereichen der Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung
    Stellungnahme des BMF:
    „Wenn die Voraussetzungen des § 2 b Abs. 1 Satz 1 UStG vorliegen, führt die Wahrnehmung von (Teil-)Aufgaben einer jPöR für eine andere jPöR zur Steuerbarkeit, wenn größere Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Dritter vorliegen. Eine entgeltliche befreiende Aufgabenübertragung auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung in öffentlich-rechtlicher Handlungsform und im Rahmen öffentlicher Gewalt an eine andere jPöR führt zum Ausschluss der Unternehmereigenschaft, wenn die Übertragung auf Private gesetzlich ausgeschlossen ist (z.B. die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen nach § 20 KrWG). Davon zu unterscheiden ist hier die auch privaten Unternehmern gestattete Erbringung von Vorleistungen an die zur Entsorgung verpflichtete jPöR zum Zwecke der Durchführung der Abfallentsorgung (§ 22 KrWG), vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016, BStBl. I S. 1451, Rn. 25).“

  • Parkgebühren
    Stellungnahme des BMF:
    „Die Überlassung unselbständiger Parkbuchten auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen gegen Entgelt (Parkscheinautomat) ist nicht umsatzsteuerbar. Auch die Überlassung von Fahrzeugabstellplätzen auf der Straße ist nicht umsatzsteuerbar.
    Die Überlassung selbständiger Parkplätze (einschließlich deren Abgrenzung) auf nicht dem Straßenverkehr gewidmeten Grund sowie von Parkplätzen für Behördenbesucher und Mitarbeiter gegen Entgelt stellt einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz dar.“

  • Sondernutzungsgebühren
    Stellungnahme des BMF:
    „Sondernutzungsgebühren stellen ein Entgelt für die Einräumung des Rechts dar, eine bestimmte öffentliche Fläche für eigene unternehmerische Zwecke nutzen zu dürfen. Erfolgt dies auf Basis einer Gebührenordnung, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Handlungsform. Ein solches Recht kann nur durch die öffentliche Hand eingeräumt werden. Ein Wettbewerb zu steuerpflichtigen Anbietern besteht daher nicht. Nach § 2 b Abs. 1 UStG ist der Leistungsaustausch mangels Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand nicht steuerbar.
    Hiervon abzugrenzen sind die Fälle, in denen die Gemeinde die Sondernutzung nicht lediglich erlaubt, sondern selbst vornimmt, in dem sie z.B. Standflächen auf einem Markplatz gegen Entgelt überlässt. Hier wird eine begrenzte Fläche mit zusätzlichen Leistungen wie Stromanschluss und Reinigung zur Nutzung überlassen. Dies stellt eine unternehmerische Grundstücksüberlassung dar (vgl. BFH-Urteil vom 3.3.2011 - V R 23/10, BStBl. II 2012, S. 74).“

  • Leistungen einer Kommune an deren Rats- oder Kreistagsfraktion
    Nach Auffassung des BMF handele es sich bei diesen Leistungen um nichtsteuerbare Innenumsätze.

  • Sponsoring
    Stellungnahme des BMF:
    „Beim Sponsoring werden in der Regel privatrechtlich Verträge geschlossen. Der Anwendungsbereich des § 2 b UStG ist nicht eröffnet. Die Frage des Leistungsaustausches ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, siehe Abschnitt 1.1 Absatz 23 UStAE.“

  • Durchführung von hoheitlichen Aufgaben
    Stellungnahme des BMF:
    „Werden jPöR von anderen jPöR mit der Durchführung von hoheitlichen Aufgaben (z.B. Abwasserbeseitigung oder Hausmüllentsorgung) in Gänze beauftragt, können die Voraussetzungen des § 2 b Abs. 3 Nr. 2 UStG erfüllt sein. Die Ausführungen des BMF-Schreibens vom 14.11.2019, BStBl. I 2019, S. 1140 sind zu beachten.“
    Eigene Anmerkung:
    Erfolgt die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe nicht nur zur Durchführung, sondern geht die Aufgabe insgesamt auf eine andere jPdöR über (ohne dass dies gesetzlich verboten ist), dürfte der Anwendungsbereich des § 2 b Abs. 3 Nr. 1 UStG eröffnet sein.

  • Tätigkeiten für kreisangehörige Gemeinden als Ausfluss der gesetzlich zugewiesenen Ausgleichs- und Ergänzungsaufgabe der Landkreise
    Landkreise helfen im Rahmen ihrer Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion und ihrer in der Mehrzahl der Länder generalklauselartig gesetzlich zugewiesenen Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben kreisangehörigen Gemeinden bei der Wahrnehmung deren Aufgaben (ohne dass die betreffende Aufgabe in die Zuständigkeit des Landkreises übergeht), soweit diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder Verwaltungskraft übersteigen (z.B. Winterdienst auf grenzüberschreitenden Anschlussstrecken, Prüfung von Jahresabschlüssen kreisangehöriger Gemeinden, Planungsleistungen für den Straßenbau in Bezug auf einzelne Straßen anderer Straßenbaulastträger).

    „Die Übernahme der von Ihnen beschriebenen Aufgaben durch die Landkreise für die kreisangehörigen Gemeinden ist nur dann umsatzsteuerlich relevant, wenn die Landkreise hierfür Kostenerstattungen oder ähnliche Entgelte erhalten und damit von einem Leistungsaustausch auszugehen ist. In diesem Fall entfaltet der Landkreis regelmäßig eine unternehmerische Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 UStG, wobei die Tätigkeit nur dann über § 2 b UStG von der Unternehmereigenschaft ausgenommen ist, wenn sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage in öffentlich-rechtlicher Handlungsform ausgeübt wird und zudem keine Wettbewerbssituation besteht (z.B. bei einem gesetzlichen Wettbewerbsausschluss i. S. von § 2 b Abs. 3 Nr. 1 UStG). Dies ist im Einzelfall zu prüfen.“

  • Feuerwehr-Gebühren
    Feuerwehren erheben für ihre Einsätze für Unternehmen und Privathaushalte sowie für Versicherungen i.d.R. auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Satzung) Feuerwehrgebühren.
    Stellungnahme des BMF:
    „Sofern Tätigkeiten der Feuerwehr gegen Entgelt erbracht werden, erfüllen diese Tätigkeiten grundsätzlich die Voraussetzungen der Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG. In den von Ihnen geschilderten Fällen erhebt die Feuerwehr über ihre Leistungen Gebühren mittels Gebührenbescheid, weshalb sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage nach § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG handelt.
    Erfüllt die Feuerwehr ihre Pflichtaufgaben, können diese Leistungen von keiner privaten Einrichtung in gleicher Form erbracht werden. Sollten daher für derartige Leistungen Gebühren erhoben werden (z.B. bei vorsätzlicher Brandstiftung oder mutwilliger Alarmierung), sind diese mangels Wettbewerb nicht steuerbar.
    Bei Leistungen außerhalb der Gefahrenabwehr tritt die Feuerwehr in Wettbewerb zu Privaten. Insofern sind entsprechende Leistungen steuerbar. Wenn eine Gemeinde für eine andere Gemeinde vollständig die Tätigkeit der Feuerwehr einschließlich der Atemschutzmasken- und Schlauchwerkstatt übernimmt, liegt kein Wettbewerb zu Privaten vor. Wird demgegenüber nur die Leistungen der Atemschutzmasken- und Schlauchwerkstatt gegen Entgelt in Anspruch genommen, besteht eine Wettbewerbssituation.“

  • Entgelte der Rettungsleitstellen
    Stellungnahme des BMF:
    „Die von den Kommunen bei den freien Trägern privatrechtlich zu erhebenden Entgelte für den Betrieb einer Leitstelle und für die damit zusammenhängenden Verwaltungstätigkeiten bei Rettungsdienstleistungen sind steuerbar und steuerpflichtig.“

  • Ausgleichszahlungen für einen Kreis- oder Gemeindegrenzen überschreitenden öffentlichen Personennahverkehr
    Stellungnahme des BMF:
    „Es liegen regelmäßig nichtsteuerbare echte Zuschüsse vor.“

  • Ausgleichsbeträge nach BauGB von Grundstückseigentümern an die Kommune im Zusammenhang mit Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen
    Stellungnahme des BMF:
    „Maßnahmen nach § 154 BauGB werden auf öffentlich-rechtlicher Grundlage abgerechnet. Vergleichbare Leistungen können in diesem rechtlichen Kontext nicht durch Private erbracht werden. Entsprechende Gebühren sind demnach nicht steuerbar.“

  • Verkauf von Feinstaubplaketten in den Zulassungsstellen
    Stellungnahme des BMF:
    „Der Anwendungsbereich des § 2 b UStG ist bei privatrechtlichen Verkäufen nicht eröffnet.“

  • Umsatzsteuerliche Behandlung kommunaler Wohnheime bei kurz- und auch längerfristiger Vermietung an Berufsschüler
    Stellungnahme des BMF:
    „Die privatrechtliche Vermietung von Wohnraum unterliegt nicht dem Anwendungsbereich des § 2 b UStG. Es gelten die allgemeinen Regeln.“

  • Umsatzsteuerliche Behandlung von amtsärztlichen Gutachten für Gerichte
    Stellungnahme des BMF:
    „Zur Erbringung von Fachwissen beauftragen Gerichte Sachverständige mit der Erstellung von Gutachten. Die Sachverständigen erhalten für ihre Leistungen Zahlungen nach dem JVEG und werden damit im Rahmen eines privatrechtlichen, steuerpflichtigen Leistungsaustausches tätig. Eine Ausnahme liegt nur vor, wenn die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens unter § 4 Nr. 14 UStG fällt. Dies ist der Fall, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Bei Gerichtsgutachten wird dies jedoch in der Regel nicht der Fall sein.
    Da eine Gutachtertätigkeit der öffentlichen Hand nicht vorbehalten ist, sondern durch jeden fachlich geeigneten Arzt erbracht werden kann, besteht ein Wettbewerb i.S. von § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG. Eine Ausnahme von der Unternehmereigenschaft – sofern kein nichtsteuerbarer Innenumsatz innerhalb derselben Gebietskörperschaft gegeben ist – liegt daher nicht vor.“

  • Gebühren für Erst- und Folgebelehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz
    Sog. „Erstbelehrungen“ nach dem Infektionsschutzgesetz müssen zwingend durch das Gesundheitsamt vorgenommen werden. Notwendige „Folgebelehrungen“ können daneben auch vom jeweiligen Arbeitgeber selbst vorgenommen werden.
  • Stellungnahme des BMF:
    „Soweit Erstbelehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz zwingend durch das Gesundheitsamt vorgenommen werden können, besteht kein Wettbewerb. Für Folgebelehrungen, die auch von Privaten gegen Entgelt vorgenommen werden können, liegt eine Wettbewerbssituation vor.“

  • Gebühren der Betreuungsstelle
    Die Betreuungsstellen erheben die Gebühren für die Beglaubigungen der Patientenvollmachten usw. nach § 6 Abs. 5 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger (BtBG). Die Leistung kann auch von Notaren erbracht werden.
  • Stellungnahme des BMF:
    „Es liegt eine unternehmerische Betätigung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage vor. Soweit die Umsätze aus gleichartigen Tätigkeiten 17.500 € im Kalenderjahr übersteigen (§ 2 b Abs. 2 Nr. 1 UStG), ist die Unternehmereigenschaft nicht nach § 2 b UStG ausgenommen, weil eine steuerschädliche Wettbewerbssituation nach § 2 b Abs. 1 Satz 2 UStG besteht.“

  • Gerichtsgebühren
    Kommunen erzielen Einnahmen aus Gerichtsverfahren wie Telekommunikationspauschalen, Fahrkosten, Tagegelder.
  • Stellungnahme des BMF:
    „Sofern es sich bei den bezeichneten Gerichtsgebühren um Entschädigungen handelt, die die Kommune nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) erhält, weil einer ihrer Mitarbeiter als Zeuge vernommen wird, liegt nicht steuerbarer Schadensersatz vor. Entschädigungen für das Auftreten eines Mitarbeiters als „auswechselbarer“ Sachverständiger sind dagegen Leistungsentgelt und im Falle der Nachhaltigkeit selbst dann steuerbar, wenn der Tätigkeit eine öffentlich-rechtliche Sonderregelung zugrunde liegen sollte. Denn es besteht eine steuerschädliche Wettbewerbssituation zu gewerblichen Sachverständigen.“

 

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