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Bauplatzvergabe der Stadt Ulm ist verfassungswidrig
VG Sigmaringen sieht Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit aktuellem Beschluss vom 3. März 2022 (Az.: 14 K 4018/21) im Wege einer einstweiligen Anordnung der Stadt Ulm untersagt, Bauplätze für ein Baugebiet auf Grundlage einer selbst aufgestellten Leitlinie zu vergeben. Diese Leitlinie beinhaltete eine Art Reißverschlussregelung und wurde vom Gericht für verfassungswidrig gehalten.

Die Stadt Ulm hat mit Beschluss vom 16. Juni 2021 („Reißverschluss-Regelung“) und mit der Verabschiedung einer Leitlinie am 23. Juni 2021 Regelungen aufgestellt, nach denen sie bei der Vergabe von Bauplätzen im Baugebiet „Unter dem Hart Teil 2“ auf ihrer Gemarkung an Kaufinteressenten verfahren wollte.

Gegenstand der Regelungen war unter anderem, dass eine Vergabe im Verhältnis 3:1 an Familien mit Kindern bzw. ohne Kinder erfolgen sollte. Außerdem wurde mit den beschlossenen Leitlinien ein Punktesystem eingeführt, mit denen sich Bewerber in Bezug auf den Erfolg ihres Kaufantrags in eine bessere Position bringen konnten. Vergabekriterien waren beispielsweise Kinder in der eigenen Familie, bereits vorhandenes Grundstückeigentum oder die Frage, ob Eltern der Bewerber ortsansässig waren.

Antragsteller, die sich um einen Bauplatz im Baugebiet beworben hatten, hielten diese Vorgehensweise und die zugrundeliegenden Regelungen für rechtswidrig und begehrten vorläufigen Rechtsschutz.

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab ihnen Recht. Die Richter stellten fest, dass die Antragsteller zwar keinen Anspruch auf ein konkretes Grundstück hätten, aber ein Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahl nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstoßen die Vergaberichtlinien und die weiteren Beschlüsse der Stadt Ulm gegen Art. 3 GG. Gebote der Transparenz, der Sachgerechtigkeit und der Gleichbehandlung seien nicht gewahrt. Das sogenannte Reißverschlussverfahren sei unvollständig und missverständlich bekannt gemacht worden und außerdem zu unbestimmt.

Auf der Internetplattform der Stadt sei die Regelung nicht vollständig abgebildet gewesen und die Bezugsverhältnisse der Familien mit oder ohne Kinder seien nicht klar gewesen. Darüber hinaus sei unklar geblieben, in welchen Rangverhältnissen die Reißverschlussregelung zu dem Punktesystem der Leitlinie stünde. Der Begriff der Kinder sei überdies unklar definiert. Die Ortsansässigkeit der Eltern als Kriterium sei inhaltlich zu unbestimmt und nicht nachvollziehbar. Zudem sei es im Hinblick auf Antragsteller ohne lebende Eltern ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Tatjana Wellenreuther, Richard Boorberg Verlag