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Verwaltungsgericht Freiburg gibt Klage einer Sechsjährigen teilweise statt

Die Klägerin, ein sechsjähriges Mädchen aus Nigeria, hat beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag gestellt. In dem ablehnenden Bescheid erkannte das BAMF den Flüchtlingsstatus nicht an und stellte auch kein Abschiebungsverbot fest. Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg auf Feststellung, dass ihr Flüchtlingsstatus zuerkannt werde und dass für sie ein Abschiebungsverbot nach Nigeria bestehe. Das Verwaltungsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben (Az.: A 1 K 6994/18).

Herkunftsland für die Frage des Flüchtlingsstatus kann nicht bestimmt werden, wenn dort noch nie ein Lebensmittelpunkt begründet wurde.

Der Klägerin sei nach Ansicht des Gerichts u.a. deshalb die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen, weil sie in Deutschland geboren sei und deshalb in Nigeria noch nie einen Lebensmittelpunkt hatte, der für die Prüfung, ob ihr in ihrem Herkunftsland Verfolgung drohe, entscheidend ist.

Das Gericht stellte jedoch ein Abschiebungsverbot nach Nigeria fest und beruft sich dabei auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn ihm im Zielstaat Gefahren drohen, die ein gewisses Maß an Schwere erreichen. Dies kann u.a. der Fall sein, wenn das Existenzminimum nicht gesichert werden kann.

Diese Voraussetzungen lagen vor: Bei der Beurteilung der Existenzsicherung sei nach Ansicht des Gerichts auf die gesamte Familie der Klägerin abzustellen. Es sei nämlich davon auszugehen, dass eine in Deutschland in Gemeinschaft lebende Kernfamilie bestrebt sein werde, ihr familiäres Zusammenleben fortzusetzen und im Familienverband in ihr Heimatland zurückkehre. Eine solche Gemeinschaft habe auch zwischen der Klägerin und ihrer Familie, ihren Eltern und ihren zwei Brüdern, vorgelegen.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes gehört Nigeria zu den ärmsten Ländern der Welt. 48 Prozent der Bevölkerung bzw. 94 Millionen Menschen leben dort in extremer Armut und haben am Tag nur ein Durchschnittseinkommen von 1,90 US-Dollar zur Verfügung. Nach Auffassung des Gerichts kann der Vater der Klägerin den Lebensunterhalt der Familie nicht sicherstellen. Die unter Schizophrenie leidende Mutter bedarf kostspielige Medikamente, die von der Familie finanziell nicht getragen werden kann.

Tatjana Wellenreuther, Richard Boorberg Verlag