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Erstes deutsches Gericht bejaht Anspruch auf Grundlage der DS-GVO

2017 hatte der EuGH Prüfkandidaten auf der Grundlage des Datenschutzrechts ein Einsichtsrecht zugesprochen und ihnen damit weitreichende Rechte zugebilligt. Als erstes deutsches Gericht entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen auf der Grundlage der seit 25. Mai 2018 geltenden europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), dass Prüflinge eine unentgeltliche Kopie ihrer angefertigten Aufsichtsarbeit mitsamt Prüfergutachten beanspruchen können.

Jura-Referendar contra Justizprüfungsamt

In dem Fall hatte ein Rechtsreferendar erfolgreich die zweite juristische Staatsprüfung in Nordrhein-Westfalen abgelegt und beantragte beim Justizprüfungsamt Einsicht in seine Aufsichtsarbeit. Er bat um eine Übersendung der entsprechenden Kopien in elektronischer Form oder auf postalischem Weg, was ihm das Amt aber nur gegen einen im Voraus zu zahlenden Betrag von 69,70 Euro zusagte. Der Referendar beharrte auf einer unentgeltlichen Zurverfügungstellung. Schließlich kam es zum Gerichtsstreit.

Vor Gericht ging es um die Anwendbarkeit der DS-GVO, deren Artikel 15 ein umfassendes Auskunftsrecht gewährt und damit über die entsprechenden Regeln zum Verwaltungsverfahren bzw. die Regeln in den unterschiedlichen Ausbildungsgesetzen und Prüfungsordnungen in den einzelnen Ländern hinausgeht. Diese enthalten regelmäßig besondere Anforderungen, wie etwa den Nachweis triftiger Gründe oder Antrags- und Ausschlussfristen.

69,70 Euro für Kopien

Nordrhein-Westfalen etwa bestimmt in seinem Juristenausbildungsgesetz, dass Prüflingen Einsicht zu gestatten ist und zwar auf Antrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Prüfungsentscheidung und nur in den Räumen des Justizprüfungsamtes.

Im entschiedenen Fall hatte das Justizprüfungsamt argumentiert, dass der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO gar nicht eröffnet sei. Laut DS-GVO findet die Verordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten „im Rahmen einer Tätigkeit, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt“. Dazu zähle „auch und gerade das nordrhein-westfälische juristische Prüfungswesen“, so das Justizprüfungsamt.

Nowak-Urteil des EuGH

Dem folgte das VG nicht und urteilte, dass dem Prüfling eine Kopie der Aufsichtsarbeiten mitsamt Prüfergutachten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss, in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format.

Den Anspruch stützte das VG auf das Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit der DS-GVO. Wie der EuGH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2017 („Nowak“), sah das VG in den Antworten des Prüflings in seiner schriftlichen Prüfung sowie den Anmerkungen des Prüfers personenbezogene Daten. Ob die DS-GVO sogar direkt anzuwenden ist, ließen die Richter zwar offen, brachte aber zum Ausdruck, dass sie eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs der DS-GVO bevorzugen. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht (Az. 20 K 6392/18).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag