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Ausschreitungen während eines Kulturfestivals – VG Stuttgart: keine Polizeiverfügung gegen den Veranstalter

Wenn es bei Kulturveranstaltungen zu Krawallen kommt, müssen Ortspolizeibehörden einschreiten, gegebenenfalls auch, indem sie die weitere Durchführung der Veranstaltung verbieten. In einem aktuellen Urteil erklärte jetzt aber das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart die Untersagung einer Afrika-Feier in Ludwigsburg im Jahr 2018 für rechtswidrig.

Handgemenge mit Security

Bei dem für drei Tage anberaumten äthiopischen Kulturfestival in Ludwigsburg im Sommer 2018 hatte es gleich am ersten Abend Tumult gegeben. Ein angekündigter DJ war nicht erschienen, außerdem fiel eine Live-Band aus. Als der Veranstalter, ein äthiopischer Sport- und Kulturverein, die Veranstaltung an diesem Abend vorzeitig beenden wollte und das Hallenlicht anschaltete, sorgte das für Unmut bei den Besuchern, manche davon betrunken. Es kam zu einem Handgemenge mit Security-Mitarbeitern und Sachbeschädigungen.

Die Behörde hatte damals die Durchführung des Kulturfestivals an den kommenden Tagen untersagt und sich auf das Polizeigesetz gestützt. Dem äthiopischen Verein warf die Behörde „massive Organisationsmängel“ vor, etwa falsch bedruckte Eintrittskarten, volle Eintrittspreise trotz reduziertem Programm oder Mängel beim Catering. Es werde bei einer Fortsetzung der Veranstaltung „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zu erneuten Ausschreitungen kommen, so die damalige Begründung für die Polizeiverfügung.

Kulturverein als Zweckveranlasser?

Jetzt stellte das VG aber klar: Gegen den Veranstalter, den äthiopischen Verein hätten die polizeilichen Maßnahmen gar nicht gerichtet werden dürfen. Wenn kein polizeilicher Notstand vorliegt, erlaubt das Polizeirecht Gefahrenabwehrmaßnehmen nur gegen den sogenannten „Störer“, der die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung „unmittelbar verursacht“ hat. Letzteres verneinte das VG im entschiedenen Fall.

In besonderen Fällen lässt die Rechtsprechung auch eine mittelbare Verursachung der Gefahr genügen, nämlich dann, wenn der Verursachende die unmittelbare Störung durch Dritte objektiv bezweckt. Man spricht hier vom „Zweckveranlasser“. Aber auch dies verneinte das VG. Der Verein habe die Störungen weder bezweckt noch billigend in Kauf genommen, noch seien die Störungen zwangsläufige Folge der Organisationsmängel. Dabei verwiesen die Richter u.a. auf die Verursachungsbeiträge der Security-Mitarbeiter, die „in keiner Weise deeskalierend gewirkt“ hätten. Diese hatten die Besucher gewaltsam aus der Halle gedrängt, obwohl, so die Richter, ein geordnetes Räumen der Halle möglich gewesen wäre (Az. 1 K 3731/19).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag