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VGH: Keine Einbürgerung bei Ablehnung des Händeschüttelns mit Frauen

Mannheim. Wer als Ausländer einen deutschen Pass will, muss die Behörden davon überzeugen, dass er sich in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen kann. Gründlich misslungen ist dies einem libanesischen Staatsbürger, dem ein verweigerter Handschlag die Ablehnung der Einbürgerung einbrachte. In einem aktuellen Urteil gab jetzt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) dem Landratsamt (LRA) Ludwigsburg Recht, das die Einbürgerung des Mannes abgelehnt hatte, nachdem er einer Mitarbeiterin des LRA nicht die Hand zur Begrüßung geben wollte.

Dabei hatte das Integrationsministerium der Einbürgerung des Libanesen bereits zugestimmt, trotz Zweifeln etwa auf Grund von Besuchen des Freitagsgebets der Islamischen Gemeinschaft. Aber als sich der Mann die Einbürgerungsurkunde im Landratsamt abholen wollte, kam es zu dem Zusammenstoß mit der zuständigen Sachbearbeiterin, der er den Handschlag verweigerte – mit der Folge, dass das Ministerium die Zustimmung zur Einbürgerung widerrief. Das Verhalten lasse darauf schließen, dass die Grundwerte des Grundgesetzes – Menschenwürde und Gleichheit von Mann und Frau – nicht mitgetragen würden, so das Ministerium.

Jetzt erteilte auch der VGH dem Mann eine Absage

Der Libanese lebt seit 2002 in Deutschland und schloss hier erfolgreich sein Medizinstudium ab. Mittlerweile ist er Facharzt und an einer Klinik als Oberarzt tätig. Seinen Einbürgerungstest bestand er mit der maximal möglichen Punktzahl. Doch all dies war nicht Gegenstand des Rechtsstreits. In ihm ging es allein um die Anwendung der 2019 erfolgten Neuregelung im Staatsangehörigkeitsgesetz, wonach Einbürgerungsbewerber die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ gewährleisten müssen.

In der ausführlichen Urteilsbegründung legten die Richter zunächst dar, dass sie in der Neuregelung keinen willkürlichen „Leitkultur-Paragraphen“ sehen. Es gehe um elementare Grundsätze der hier geltenden Ordnung und deren Akzeptanz.

Breiten Raum nimmt in der Urteilsbegründung die Tradition des Handschlags ein. Handschlag und Händeschütteln sind in Deutschland seit Jahrhunderten „gängige nonverbale Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale“, so der VGH. Er zeigt sich überzeugt, dass daran auch die Corona-Pandemie nichts ändern wird.

Die Richter führten viele Beispiele an, um zu zeigen, dass der Handschlag im gesellschaftlichen Leben „eine das Miteinander prägende, tiefgehende Verwurzelung“ hat. Und, so der VGH, in all diesen Fällen erfolge der Handschlag unabhängig davon, welche Geschlechter sich gegenüberstehen.

Verweigere der Einbürgerungsbewerber das Händeschütteln aus geschlechtsspezifischen Gründen, sei keine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gegeben, so der Schluss der Richter. Dies gelte insbesondere, wenn die Verweigerung des Handschlags dazu diene, der „salafistischen Überzeugung zum Verhältnis von Mann und Frau zu einer gesellschaftlichen Wirkung zu verhelfen“ (Az. 12 S 629/19).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag