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BAG zum gesetzlichen Urlaubsanspruch bei ruhender Arbeitspflicht

Erfurt. Steht Erholungsurlaub auch Arbeitnehmern zu, die sich in unbezahltem Sonderurlaub befanden? Diese Meinung vertrat ein Arbeitnehmer in einem aktuell entschiedenen Fall – und in der Vergangenheit auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) selbst. Der Arbeitnehmer hatte über einen längeren Zeitraum unbezahlten Sonderurlaub genommen und verlangte nun von seinem Arbeitgeber die Gewährung des gesetzlichen Mindesturlaubs, in seinem Fall 20 Tage für das Kalenderjahr.

Der Mann stützte sich dabei auf die bisherige Rechtsprechung des BAG, das entschieden hatte, dass Urlaubsansprüche auch während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses entstehen. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien hindere das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht, so das BAG damals (Az. 9 AZR 678/12).

Von seiner Rechtsprechung rückte das BAG jetzt aber ab

Danach bleiben für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt. Anders als zuvor sahen es die Richter als relevant an, dass bei der Vereinbarung von Sonderurlaub die Hauptleistungspflichten und damit auch die Arbeitspflicht vorübergehend ausgesetzt werden. Dies führe dazu, dass einem Arbeitnehmer, der sich im unbezahlten Sonderurlaub befindet, kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht, so die Richter (Az. 9 AZR 315/17).

In einem weiteren am selben Tag vom BAG (Az. 9 AZR 362/18) entschiedenen Streitfall ging es um eine ähnliche Frage: Steht Arbeitnehmern, die sich in Elternzeit befinden, der gesetzliche Urlaubsanspruch auch für den Zeitraum der Elternzeit zu? Wie beim Sonderurlaub besteht für den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht.

Anders als beim Sonderurlaub handelt es sich bei der Elternzeit allerdings um ein gesetzlich geregeltes Gestaltungsrecht des Arbeitnehmers, ausführlich geregelt im Bundeselternzeit- und Elterngeldgesetz. Es sieht ausdrücklich vor, dass auch während der Elternzeit Urlaubsansprüche auflaufen, dass diese vom Arbeitgeber aber gekürzt werden dürfen.

Wie jetzt das BAG entschied, verstößt diese Regelung nicht gegen EU-Recht

Die Richter verwiesen dabei auf ein Urteil des EuGH aus dem vergangenen Jahr. Dort hatte der an sich „urlaubsfreundlich“ eingestellte EuGH die Gewährung von bezahltem Mindestjahresurlaub als bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Union hervorgehoben. Der Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub beruhe allerdings auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, so die Richter. Lediglich in besonderen Fällen, etwa bei Krankheit oder Mutterschaftsurlaub, entfalle diese Prämisse, nicht aber bei der Elternzeit (Rs. C-12/17).

Wie die Urteile zum Urlaubsanspruch für freigestellte Arbeitnehmer zeigen, steht diesen nicht in gleichem Maß Erholungsurlaub zu wie „tatsächlich arbeitenden“ Arbeitnehmern, unabhängig davon, wie sie ihre Zeit während der Freistellung verbringen, ob mit Kinderbetreuung, einer schweißtreibenden Promotion oder mit Reisen in ferne Länder.

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag