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VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.04.2022 Az. 10 S 1870/21

1. Eine Regelungsanordnung, die zu einer endgültigen und unumkehrbaren Vorwegnahme der Hauptsache führt, kann nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht oder - falls dies zumindest offen ist - dem Antragsteller ohne ihren Erlass schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existenzielle Gefahren für Leben und Gesundheit, drohen.
2. Der Funktionsvorbehalt der Exekutive gilt auch bei der Ausübung der aufsichtsrechtlichen Befugnisse gemäß § 19 Abs. 3 AtG; dementsprechend beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle der Risikoeinschätzung der Behörde, wenn diese dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechend ausreichende Daten ermittelt und ihren Bewertungen zugrunde gelegt hat, auf eine Willkürkontrolle.
3. Wurden Schädigungsmechanismen an einem Bauteil eines Kernkraftwerks unter Einschaltung sachverständiger Hilfe umfassend aufgeklärt und in Abstimmung mit den maßgeblichen Fachgremien Abhilfe- und Sicherungsmaßnahmen entwickelt, besteht in Bezug auf deren hinreichende Wirksamkeit mit Blick auf die Nichtüberschreitung der Restrisikoschwelle eine behördliche Einschätzungsprärogative. Die Klärung fachwissenschaftlicher Streitfragen in diesem Zusammenhang ist nicht Aufgabe der Gerichte.
Antrag auf einstweilige Anordnung; Atomaufsicht; Einstweilige Betriebseinstellung; Vorwegnahme der Hauptsache; Kernkraftwerk; Wanddickenschwächungen; Dampferzeugerheizrohre; Gefahrenverdacht; Risikoeinschätzung; Exekutiver Funktionsvorbehalt; Fachwissenschaftliche Streitfragen
VwGO § 123 Abs. 1 , AtG § 19 Abs. 3
In der Verwaltungsrechtssache
1.
2.
- Antragsteller -
prozessbe vol lm ächtigt:
- zu 1, 2 -
gegen
Land Baden-Württemberg,
vertreten durch Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg,
Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart, Az:
- Antrags ge gner -
beigeladen:
prozessbe vol lm ächtigt:
wegen Anträgen auf einstweilige Betriebsuntersagung gemäß § 19 Abs. 3 AtG hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Paur sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Holz und Dr. Bauer
am 27. April 2022
beschlossen:

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert des Antragsverfahrens wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit ihrem Antrag begehren die Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Beigeladenen den Betrieb des Kernkraftwerks Gemeinschaftskraftwerk Neckarwestheim II (GKN II) bis zu einer Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren, mindestens aber bis zur restlosen Beseitigung der von den Antragstellern beanstandeten korrosiven Bedingungen in den Dampferzeugerheizrohren des Kraftwerks und der Gefahr von Spannungsrisskorrosion in den Dampferzeugern (ggf. durch Austausch der geschädigten bzw. vorgeschädigten Dampferzeuger) einstweilen zu untersagen.
Dem jetzigen Eilverfahren ging ein u. a. im Namen der Antragssteller unter dem 19.06.2020 gestellter Antrag auf Untersagung des weiteren Betriebs voraus, den das für die Atomaufsicht zuständige Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg mit Bescheid vom 09.11.2020 ablehnte. Am 11.12.2020 haben die Kläger hiergegen Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Antragsgegners zur "unverzüglichen Untersagung" des Betriebs des GKN II begehren und über die der Senat noch nicht entsc hieden hat (Parallelverfahren 10 S 4004/20).
Bei dem GKN II handelt es sich um einen sog. Druckwa sserreaktor, der als solcher über drei hintereinanderliegende Kreisläufe zur W ärmeübertragung (Primärkreislauf, Sekundärkreislauf und Kühlkreislauf) verfügt, die jeweils durch Wärmetauscher voneinander getrennt sind. Im Primärkreis wird durch Kernspaltung Wärme erzeugt und über das Primärkühlmittel zu den Dampferzeugern transportiert. Das Primärkühlmittel fließt in den Dampferzeugern durch vom Boden aus u-förmig verlaufende Heizrohre (Dampferzeugerheizrohre, kurz: DEHR), über die es seine Wärme an das bei diesem Vorgang verdampfende Speisewasser des Sekundärkreislaufs abgibt, das die DEHR von außen umströmt. Die DEHR bilden zugleich die Barriere zwischen dem Primär- und dem Sekundärkreislauf, der hierdurch grundsätzlich frei von Radioaktivität ist . Das GKN II verfügt über vier Dampferzeuger mit jeweils 4118 DEHR, die aus dem Werkstoff Alloy 800 mod. (auch als lncoloy 800 bezeichnet), einer Nickel-Eisen-Chrom-Legierung, bestehen, dessen besondere Widerstandsfähigkeit durch eine spezielle Nachbehandlung bei der Fertigung optimiert wird (sog. Glasperlenstrahlen). Die DEHR haben einen Außendurchmesser von 22 mm sowie eine nominelle Wandstärke von 1,23 mm. Nach dem kerntechnischen Regelwerk müssen sie regelmäßig zerstörungsfrei überprüft werden. Die Anlage verfügt außerdem über mehrere unabhängige Messeinrichtungen zur Aktivitätsüberwachung im Sekundärkreislauf, welche die schnelle Erkennung eines Übertritts von Radionukliden von der Primär- auf die Sekundärseite infolge von Leckagen der DEHR gewährleisten sollen. Im Betriebshandbuch (BHB) des GKN II ist geregelt, dass die Anlage bei einer bestätigten Leckage von ≥ 40 ml/h in den Dampferzeugern "abzufahren" ist.
Bei der Jahresrevision 2017 wurden im Rahmen der planmäßigen Überprüfungen an insgesamt 32 DEHR von zwei der vier Dampferzeuger Befunde in Form flächiger Abträge an der Oberfläche, sog. volumetrische Wanddickenschwächungen, festgestellt. In der Revision 2018 wurden daraufhin alle Heizrohre der vier Dampferzeuger Prüfungen unterzogen. 101 DEHR zeigten dabei neben neuen volumetrischen Wanddickenschwächungen erstmals sog. lineare, d. h. rissartige Wanddickenschwächungen in Umfangsrichtung der Rohre. Die größte gemessene lokale Wanddickenschwächung betrug 91 %. W anddurchdringende Risse wurden nicht festgestellt. Alle DEHR mit linearen Befunden wurden mit einem Füllstopfen stabilisiert und beidseitig mit Walzstopfen verschlossen. Von den DEHR mit volumetrischen Befunden wurden solche verschlossen, die Wanddickenschwächungen von mehr als 30 % aufwiesen. In der Revision 2019 wurden nach Maßgabe einschlägiger Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission (RSK) in dem auf ein Jahr verkürzten Turnus erneut Überprüfungen an allen nicht verschlossenen Heizrohren der vier D ampferzeuger durchgeführt. Hierbei wurden insgesamt 209 lineare Wanddickenschwächungen an 191 Heizrohren in allen vier Dampferzeugern ermittelt, die danach wiederum verschlossen wurden. An 90 der festgestellten mit linearen Anzeichen behafteten Rohren lagen bereits 2018 Wanddickenschwächun gen oberhalb der Nachweisgrenze vor, die allerdings erst 2019 infolge der Anwendung einer verbesserten Prüf- und Auswertemethodik festgestellt wurden. Die im Rahmen der Revision 2020 durchgeführten Messungen ergaben insgesamt sieben lineare Wanddickenschwächungen an sieben Heizrohren. In der letzten Revision 2021 wurden 17 neue lineare Wanddickenschwächungen und sechs neue volumetrische Wanddickenschwächungen festgestellt. Dabei wiesen die neuen linearen Befunde vergleichsweise geringe Wanddickenschwächungen im Bereich der Nachweisgrenze des Prüfverfahrens und verhältnismäßig geringe Längen auf.
Als Ursachen für die festgestellten Wanddickenschwächungen wurden für die volumetrischen Befunde Lochkorrosion bzw. sog. intergranular Attack, eine spezielle Form der Korrosion, sowie für die linearen Schädigungen Spannungsrisskorrosion ermittelt. Die Spannungsrisskorrosion wurde zurückgeführt auf das gleichzeitige Auftreten korrosiver Umgebungsbedingungen, einem unter diesen Umgebungsbedingungen empfindlichen Werkstoffzustand und die bestehenden Zugspannungen. Eine im Jahr 2010 geänderte sekundärseitige Speisewasserchemie (Sauerstoffdosierung im Heizdampf der Wasserabscheider-Zwischenüberhitzer) habe zu einem vermehrten Eintrag von Eisenoxid in die Dampferzeuger geführt, das sich teilweise auf deren Rohrböden ablagert habe. Zusätzlich seien im konventionellen Kondensator der Anlage Leckagen aufgetreten, wodurch salzartige Verunreinigungen, insbesondere Sulfate, in den Sekundärkreislauf eingetragen worden seien. Diese Verunreinigungen hätten sich über einen längeren Zeitraum in den Oxidablagerungen auf den Rohrböden und insbesondere in den konstruktiv bedingten Spalten zwischen den DEHR und dem Rohrboden aufkonzentriert. In der Folge hätten sich lokal stark saure Umgebungsbedingungen ausgebildet, die zu Korrosionsvorgängen am Rohrboden geführt hätten, wodurch lokal Bereiche der DEHR freigelegt worden seien, in denen die positive Wirkung des Glasperlenstrahlens aufgehoben sei. Dies habe im Ergebnis zum Entstehen der Spannungsrisskorrosion geführt.
Nach einem fachlichen Austausch zwischen der beigeladenen Anlagenbetreiberin, dem Anlagenhersteller, verschiedenen Sachverständigen und Werkstoffexperten, der zuständigen Aufsichtsbehörde und dem Unterausschuss "Druckführende Komponenten und Werkstoffe" der RSK wurden ab 2018 verschiedene Abhilfemaßnahmen eingeleitet. So wurden zur Reduzierung des Eisenoxideintrags die sekundärseitige Sauerstoffdosierung eingestellt und das Betriebshandbuch bezüglich der chemischen Parameter angepasst, zur Reduzierung des Eintrags salzartiger Verbindungen Kondensatorleckagen weitgehend beseitigt, zur Vermeidung neuer Kondensatorleckagen Kondensatorrohre vorsorglich verschlossen, zur weitgehenden Entfernung des korrosiven Inventars die Rohrböden aller Dampferzeuger gereinigt und gespült, ein Spül- und Konservierungsprogramm in das Revisionsprogramm einbezogen und DEHR mit volumetrischen Wanddickenschwächungen > 30% mittels Walzstopfen sowie DEHR mit linearen Wanddickenschwächungen mittels Walzstopfen und zur Stabilisation zusätzlich mittels Füllstopfen verschlossen. Trotz des hierdurch verbesserten Zustands der Dampferzeuger geht man davon aus, dass in Spalten zwischen den DEHR und dem Rohrboden restliche Verunreinigungen verblieben sind und es deswegen nicht auszuschließen ist, dass dort weiterhin korrosive Bedingungen herrschen können.
Nach dem Prüfbericht über die 2021 zuletzt durchgeführte Revision (T. vom 05.07.2021) lasse die Betriebserfahrung seit 2018 in Bezug auf die Entwicklung linearer Rissanzeigen innerhalb eines Betriebszyklus auch für die Periode 2021/2022 mit den getroffenen Maßnahmen die Schlussfolgerung zu, dass die 2018 für die bruchmechanischen Berechnungen verwendeten Rissannahmen auch weiterhin "abdeckend" seien. Mit dem Nachweisvermögen der sekundärseitigen Aktivitätsüberwachung sei sichergestellt, dass eine Leckagerate detektiert werde, die deutlich kleiner sei, als diejenige, die sich bei einem wanddurchdringenden Riss mit einer kritischen Länge und einer integralen Wanddickenschwächung von 50 % ergebe, der bei einer abdeckenden Störfallbelastung im Fall eines sog. ATWS-Störfalls ("Anticipated Transient without Scram" = Störung der Wärmeabfuhr aus dem Reaktor bei gleichzeitigem Versagen der Schnellabschaltung) zu einem spontanen Versagen eines DEHR (sog. "2F-Bruch") führen würde.
Mit dem Antrag machen die Antragsteller geltend, eine vorläufige gerichtliche Entscheidung sei erforderlich, weil ihnen ein Zuwarten bis zur Entscheidung im Hauptsache-Klageverfahren nicht zugemutet werden könne. Die Störfallsicherheit des GKN II sei nicht mehr gegeben, weswegen ihnen schwerwiegende Verletzungen ihrer Rechte insbesondere aus Art. 2 Abs. 2 GG drohten. Die zu erwartenden Schäden und Nachteile seien für die Antragsteller im Fall des Eintritts eines Störfalls existenzvernichtend und irreparabel, so dass das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache nicht greife. Vor dem Hintergrund eines nicht auszuschließenden Kernschmelzunfalls überwögen zudem ihre Schutzansprüche gegenüber möglichen gegenläufigen Interessen der Beigeladenen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte vorübergehende Stilllegung der Anlage gemäß § 19 Abs. 3 AtG lägen vor, wobei das Entschließungsermessen in Anbetracht der betroffenen Grundrechte auf null reduziert sei. E ine Ermessensreduktion auf null müsse auch deshalb angenommen werden, weil nicht nur die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 3 AtG, sondern sogar die Voraussetzungen einer erheblichen Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 AtG erfüllt seien. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners liege sowohl ein regelwidriger Zustand als auch eine Gefahr im Sinne von § 19 Abs. 3 AtG vor.
Die korrosiven Bedingungen in den Dampferzeugern und damit der der Spannungsrisskorrosion zugrundeliegende Schädigungsmechanismus sei nicht behoben. Daraus folgten die weiterhin gegebenen Möglichkeiten eines systematischen Ausfalls von DEHR und einer unvorhersehbaren Rissentwicklung bei Spannungsrisskorrosion, das Fehlen eines Integritätsnachweises für durch Spannungsrisskorrosion geschädigte DEHR, der jederzeit mögliche spontane Bruch auch mehrerer DEHR schon im Normalbetrieb und damit die fehlende Gewährleistung der gesetzlich geforderten Störfallbeherrschung. Hieraus ergebe sich die akute, konkrete und signifikant über das hinzunehmende Restrisiko hinaus erhöhte Gefahr eines schweren Kühlmittelverlust - bzw. ATWS-Störfalls, der sich bis zu einer Kernschmelze mit weitreichenden Folgen (Super-GAU) entwickeln könne. Die Antragsteller stellen hierzu insgesamt 18 Einzelthesen auf, für die sie sich insbesondere auf fachliche Stellungnahmen von Prof. Dr.-Ing. M. vom Juni 2020 ("Bewertung zu Schäden durch Spannungsrisskorrosion an Dampferzeuger-Heizrohren im KKW Neckarwestheim 2 (GKN II)", u. a. bereits Grundlage des Antrags vom 19.06.2020), des Diplomingenieurs M. vom 19.02.2021 ("Gutachterliche Stellungnahme zum , Leck vor Bruch-Nachweis und zu speziellen Fragestellungen bezüglich des AKW Neckarwestheim 2 (GKN II)") und der Diplomphysikerin B. vom März 2021 ("Kurzstellungnahme Potenzielle radiologische Folgen eines Unfalls im GKN II für die Kläger'") stützen. So seien bei mehreren 2018 registrierten Umfangsrissen an den DEHR in GKN II aufgrund der gemeinsamen Ursache Spannungsrisskorrosio n alterungsbedingte Ausfälle infolge systematischer Fehler zu unterstellen. Die in GKN II bis heute andauernd auftretenden alterungsbedingten Schädigungen der DEHR seien Folgen eines systematischen Fehlers, der zu mehreren Ausfällen von DEHR geführt habe und zu weiteren führen könne, was nach dem kerntechnischen Regelwerk zur vorbeugenden Instandhaltung gemäß der Sicherheitstechnische Regel 1403 des Kerntechnischen Ausschusses (KTA) zu verhindern sei. Die Vorgaben der KTA 3201.4 zu wiederkehrenden Prüfungen und zur Betriebsüberwachung mit dem Ziel der Sicherstellung der Komponentenintegrität würden nicht erfüllt. Es fehle an einer durch einen möglichen neuen Stand von Wissenschaft und Technik belegten Begründung für das regelwidrige Nichterfüllen der Anforderungen aus KTA 3201.4 und KTA 1403. Es liege weder eine bruchmechanische Analyse auf der Grundlage der KTA 3206 noch eine bruchmechanische Analyse unter korrekter Anwendung der in der KTA 3206 beschriebenen Berechnungsverfahren vor, die als Basis eines val i-den Integritätsnachweises für potenziell durch Spannungsrisskorrosion geschädigte DEHR dienen könnte. Eine bruchmechanische Analyse rissgeschädigter Rohre nach KTA 3206 sei sowohl für DEHR an sich als auch beim in Neckarwestheim vorliegenden Schadensmechanismus Spannungsrisskorrosion regelwerksseitig nicht zulässig. Auch eine bloß in Anlehnung an die KTA 3206 durchgeführte bruchmechanische Analyse scheitere schon vor jedem Nachweis eines angeblichen Leck-vor-Bruch-Verhaltens an der beim Schädigungsmechanismus Spannungsrisskorrosion nicht prognostizierbaren Risswachstumsgeschwindigkeit, die als Rechenparameter anzusetzen sei. Es fehle an verlässlichen Informationen über die Geometrie der in GKN II detektierten Risse, die insbesondere nicht aus den Visualisierungen der bei den Wirbelstrommessungen aufgezeichneten Spannungsamplituden ab zulesen oder ableitbar seien. Bei Spannungsrisskorrosion sei keine verlässliche Prognose über Risswachstum und Rissgeometrie möglich, womit die auf einer solchen Annahme beruhenden Schlussfolgerungen der der Entscheidung des Antragsgegners zugrundeliegender Gutachten offensichtlich falsch seien. Die Tragfähigkeitsberechnungen, die unter Anwendung der in der KTA 3206 beschriebenen Berechnungsmethoden (sog. FSK/MPA-Verfahren) durchgeführt worden seien, fußten auf regelwidrigen und sachlich falschen Eingangsparametern, so dass ihre Ergebnisse nicht als Grundlagen für eine bruchmechanische Analyse, einen Integritätsnachweis, eine Gefahreneinschätzung oder eine sonstige Schlussfolgerung verwendet werden könnten. Internationale Betriebserfahrungen zeigten, dass beim Schädigungsmechanismus Spannungsrisskorrosion jedenfalls beim Werkstoff Incoloy 600 ein spontanes Brechen von DEHR möglich sei. Berstversuche der Materialprüfungsanstalt S. im Auftrag des BMU an DEHR aus dem in GKN II verwendeten Incoloy 800 mod. hätten gezeigt, dass Rohre mit Umfangskerbe kein Leck bildeten, sondern spontan brächen. Es lägen somit keine Nachweise vor, dass jenseits eines zulässigen zufälligen Einzelversagens ein Abreißen eines oder mehrerer DEHR ohne vorheriges Leck sicher ausgeschlossen sei. Es lägen seit 2018 Prüfergebnisse aus den Dampferzeugern in GKN II vor, die bei sachgerechter Anwendung des in der KTA 3206 beschriebenen FSK/MPA-Rechenverfahrens zur Tragfähigkeitsberechnung rissgeschädigter Rohre zeigten, dass in Folge von Spannungsrisskorrosion spätestens 2018 von einem gleichzeitigen Integritätsverlust gleich mehrerer DEHR auszugehen sei. Die 2018 registrierten DEHR-Schädigungen seien so gravierend, dass sie außerhalb des Gültigkeitsbereiches des in der KTA 3206 als alternative Berechnungsmethode für rissgeschädigte Rohre beschriebenen J-T-Verfahrens lägen. Das Kraftwerk werde mit diesen Mängeln seit Jahren in Sicherheitsebene 2 ("Störung") betrieben, ohne dass es, wie nach den Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke erforderlich, durch Instandsetzungsmaßnahmen wieder in Sicherheitsebene 1 ("ungestörter Betrieb") überführt worden sei. Das Kraftwerk werde aufgrund der nicht sichergestellten Integrität der von Spannungsrisskorrosion bedrohten DEHR seit Jahren im Störfall -Modus eines INES-2-Störfalls betrieben. Schließlich sei auch in Zukunft mit der Existenz und dem Auftreten weiterer noch nicht erkannter DEHR-Schädigungen durch Spannungsrisskorrosion zu rechnen, die weiterhin auch zum systematischen Verlust der Integrität von DEHR führen könnten.
Der Antragsgegner und die Beigeladene sind dem Antrag entgegengetreten. Sie stellen das Vorliegen einer Eilbedürftigkeit als Voraussetzung für einen Anordnungsgrund in Abrede und sehen in dem Antragsziel - auch mit Blick auf die in § 7 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 6 AtG geregelt Restlaufzeit des GKN II bis zum 31.12.2022 - eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache. Mit Blick auf den Anordnungsanspruch setzen sie sich im Einzelnen sowie unter Bezugnahme u. a. auf vorliegende Sachverständigengutachten (u. a. Stellungnahmen G. vom 29.06.2020 und des Physikerbüros B. vom 10.07.2020 zum Gutachten Prof. Dr. M., Gutachten Prof. Dr. E. vom 12.07.2020 über "Nachweise zur Integrität der Dampferzeuger-Heizrohre ME 04/2018 " Lineare Anzeigen an Dampferzeuger-Heizrohren"im GKN II", Stellungnahmen des Physikerbüros B. vom 31.03.2021 und der G. vom 07.04.2021 zum Gutachten M.) mit den Ausführungen in der Antragsbegründung und den hierzu vorgelegten fachlichen Stellungnahmen auseinander. Aus den von den Antragstellern in Bezug genommenen fachlichen Stellungnahmen ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, welche die bisherige sicherheitstechnische Bewertung in Frage stellen würden. Die Einwände der Antragsteller beruhten auf unzutreffenden Grundannahmen. So sei der Nachweis der Tragfähigkeit geschädigter DEHR nicht nach dem in Anhang A der KTA 3206 vorgegebenen Algorithmus zur bruchmechanischen Analyse von postulierten Fehlern durchzuführen. Die in KTA 3206, Anhang B, beschriebenen Berechnungsverfahren entsprächen dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Sie seien zur konservativen Berechnung der Grenztraglast von Komponenten mit rissartigen Fehlern allgemein anwendbar und bewährt. Die Beigeladene habe selbst ebenfalls umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, die u. a. dem zuständigen Unterausschuss der RSK vorgestellt, dokumentiert sowie von den Gutachtern geprüft und bestätigt worden seien. Diese beinhalteten Nachweise der Eignung in Bezug auf den DEHR-Werkstoff, der Eignung der angewendeten Wirbelstromprüftechnik zur konservativen Beschreibung der Rissgeometrie und der Eignung in Bezug auf die konservative Berechnung der Grenztragfähigkeit. Die in den Dampferzeugern des GKN II verbauten DEHR fielen unter die KTA 3201.1 und erfüllten in vollem Umfang die dort in Bezug auf Werkstoff und Erzeugnisform festgelegten Qualitätsanforderungen. Die Grenztragfähigkeit sei auf Grundlage einer konservativen Berechnung nachgewiesen. Die Eignung und Konservativität des verwendeten Grenztraglastverfahrens "FSK/MPA" sei anlässlich der Revision 2018 umfassend bewertet und nachgewiesen worden. Die in dem Traglastnachweis zugrunde gelegte einhüllende Fehlergeometrie sowie die verwendeten Werkstoffkennwerte und Belastungen erfüllten den im kerntechnischen Regelwerk geforderten Grundsatz der Konservativität. Bei der sekundärseitigen Spannungsrisskorrosion an DEHR handle es sich um einen bekannten Schädigungsmechanismus, zu dem ein weltweiter Kenntnisstand und umfangreiche Betriebserfahrungen vorlägen. Selbst bei vereinzelt beobachteten sog. "Schnellläufern" seien in keinem Fall lokal wanddurchdringende Risse innerhalb eines Inspektionsintervalls festgestellt worden, wobei die Inspektionsintervalle mehr als zwölf Monate und teilweise sogar mehrere Jahre betragen hätten. Ein Spontanversagen sei bei diesem Schädigungsmechanismus bislang noch nie beobachtet worden. Die RSK habe sich in ihren Beratungen ausführlich mit der Problematik befasst und in ihren Stellungnahmen vom 15.07.2010, vom 03.05.2012 sowie vom 22./23.10.2019 entsprechende Empfehlungen formuliert. Bereits in den Stellungnahmen 2010 und 2012 gehe die RSK davon aus, dass durch eine Reduzierung des Prüfintervalls auf einen Betriebszyklus (zwölf Monate) und die Erhöhung des Prüfumfangs auf 100 % aller DEHR mit der Array-Sonde im Bereich zwischen Rohrbodeneintritt und erstem Abstandshalter, in Verbindung mit den anderen Empfehlungen, unzulässige DEHR-Leckagen oder gar auslegungsüberschreitende Ausfälle nicht zu unterstellen seien. Die RSK-Stellungnahme 2019, die den aktuellen Kenntnisstand berücksichtige, stelle dies nicht in Frage. Auf Grundlage dieses Kenntnisstands könnten auch bei dem hier vorliegenden Schädigungsmechanismus abdeckende Annahmen bezüglich der innerhalb eines Betriebszyklus zu erwartenden Schädigungsentwicklung abgeleitet und eine ausreichende Tragfähigkeit der DEHR für den jeweils folgenden Betriebszyklus nachgewiesen werden. Bei Einhaltung der Empfehlungen der RSK sei maximal eine unterkritische Leckage zu unterstellen, die durch die Aktivitätsüberwachung frühzeitig erkannt werde. Beim Auftreten einer Leckage, die nach dem BHB ein betriebliches Abfahren erfordere, werde die Anlage vorsorglich in einen sicheren Zustand überführt, so dass ein dauerhafter Betrieb unter den Bedingungen der Sicherheitsebene 2 ausgeschlossen sei. Leckagen seien für DEHR aus Alloy 800 aber bislang nicht bekannt und auch im GKN II nicht aufgetreten. Die Anlage habe sich somit zu jedem Zeitpunkt im Normalbetrieb auf Sicherheitsebene 1 befunden und es sei kein DEHR so geschädigt gewesen, dass im Anforderungsfall bei den zu unterstellenden Störfällen ein Ausfall erfolgt wäre. Ein systematischer Fehler sei dementsprechend nicht zu unterstellen. Vielmehr verhindere die vorbeugende Instandhaltung in Form der getroffenen Abhilfemaßnahmen alterungsbedingte Ausfälle. Auf der Grundlage der bisher durchgeführten Prüfungen und der festgestellten Befunde in den Jahresrevisionen sowie auf Basis des Integritätsnachweises für die DEHR sei festgestellt worden, dass es zu keinem systematischen Verlust der Integrität von DEHR gekommen sei und die Tragfähigkeit der DEHR bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung nachgewiesen sei. Es liege somit weder eine Abweichung von gesetzlichen Bestimmungen oder der erteilten Betriebsgenehmigung noch eine Gefahr durch ionisierende Strahlen vor, auf die ein Einschreiten gemäß § 19 Abs. 3 AtG gestützt werden könnte.
Für die weiteren Einzelheiten des jeweiligen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die hierzu vorgelegten Anlagen verwiesen. Dem Senat lagen außerdem die beigezogenen Verwaltungsakten des Umweltministeriums vor.
II.
1. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet.
Auf Antrag kann das Gericht, d. h. der gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Hauptsache erstinstanzlich zuständige Senat (§ 123 Abs. 2 VwGO), eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Vorliegend begehren die Antragsteller nicht die Sicherung eines bestehenden Zustands, sondern mit der einstweiligen Untersagung des genehmigten und aktuell laufenden Betriebs des GKN II eine vorläufige Regelung in Bezug auf den Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens 10 S 4004/20. Voraussetzung für den Erlass der somit begehrten Regelungsanordnung ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich und damit glaubhaft sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird.
Welche Anforderungen im Einzelfall an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Führt die begehrte Maßnahme zur endgültigen und unumkehrbaren Vorwegnahme, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition faktisch irreversibel nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insofern nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andere schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existenzielle Gefahren für Leben und Gesundheit, drohen. Bei alldem sind auch die bei Erlass einer Regelungsanordnung potentiell betroffenen öffentlichen Interessen zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 05.02.2015 - 10 S 2471/14 - DVBl. 2015, 579, vom 15.01.2014 - 10 S 1748/13 - VBlBW 2014, 348, vom 20.12.2013 - 10 S 1644/13 - juris und vom 06.03.2012 - 10 S 2428/11 - VBlBW 2012, 469; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.04.2022 - 1 S 690/22 - juris Rn. 37 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht erfüllt. Das Antragsziel ist teilidentisch mit dem von den Antragstellern auch in der Hauptsache verfolgten Klagebegehren, das u. a. auf die - "unverzügliche" - Untersagung des Betriebs des GKN II gerichtet ist. Die beantragte Anordnung einer vorläufigen Betriebsuntersagung käme auch mit Blick auf die bereits am 31.12.2022 endende Restlaufzeit des GKN II (§ 7 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 6 AtG) faktisch einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrunds, der trotz des eigenen Zuwartens der Antragsteller kaum verneint werden könnte, wenn tatsächlich wie geltend gemacht ein schwerwiegender atomarer Unfall drohte, genügt das Antragsvorbringen jedenfalls nicht den strengen Anforderungen, die in einem solchen Fall an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs zu stellen sind. Denn es ist ausgehend hiervon nicht überwiegend wahrscheinlich, dass den Antragstellern wegen der geltend gemachten Mängel des GKN II ein Anspruch auf die Untersagung des weiteren Betriebs unter den gegenwärtigen betrieblichen Umständen zusteht. Im Gegenteil spricht gegenwärtig Überwiegendes dafür, dass ein Anspruch auf atoma ufsichtliches Einschreiten nicht besteht.
Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 AtG kann die Aufsichtsbehörde, hier das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (§ 24 Abs. 2 AtG i. V. m. § 2 Satz 1 AtGZuVO), anordnen, dass ein Zustand beseitigt wird, der den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, den Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung oder einer nachträglich angeordneten Auflage widerspricht (sog. Rechtswidrigkeitsalternative) oder aus dem sich durch die Wirkung ionisierender Strahlen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können (sog. Gefahrenalternative). Insbesondere kann sie auch anordnen, dass der Betrieb von Anlagen der in § 7 AtG bezeichneten Art wie des GKN II einstweilen eingestellt wird (§ 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AtG).
Der Senat kann auf Grundlage des Antragsvorbringens nicht feststellen, dass die danach bestehenden Voraussetzungen für eine einstweilige Betriebsuntersagung durch die Aufsichtsbehörde erfüllt wären. Nach vorläufiger Würdigung dürfte die Ablehnung eines Einschreitens gegen die Beigeladene durch den Bescheid vom 09.11.2020 vielmehr nicht zu beanstanden sein. Denn die Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der Befugnisnorm des § 19 Abs. 3 AtG liegt jedenfalls gegenwärtig weder in der Rechtmäßigkeits- noch in der Gefahrenalternative auch nur im Bereich des Möglichen.
Dabei kommt in Fällen wie dem vorliegenden, deren rechtliche Bewertung maßgeblich von der fachlichen Beurteilung der Tatsachengrundlagen abhängt, dem im Atomrecht geltenden Funktionsvorbehalt der Exekutive eine wesentliche Rolle zu. Schon die Struktur der die Genehmigung von Atomanlagen regelnden Vorschriften, insbesondere § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, zeigt, dass die Exekutive für die Risikoermittlung und -bewertung, also auch für die Beurteilung von Art und Ausmaß bestehender Risiken und die Entscheidung, ob solche hinzunehmen sind oder nicht hingenommen werden können, allein verantwortlich ist (vgl. ausdrücklich - sogar - in Bezug auf den Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter § 44 Abs. 3 AtG sowie insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 63/21 S. 1 f., 4 f., 13 f.). Die Gerichte sind daher nicht dazu berufen, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 "Whyl"). Verantwortlich für die Risikoermittlung und -bewertung ist und bleibt vielmehr in erster Linie die zuständige Behörde. Dies gilt nicht nur bei der Genehmigung von Atomanlagen, sondern auch bei der Ausübung der aufsichtsrechtlichen Befugnisse gemäß § 19 Abs. 3 AtG (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2000 - 11 C 1.00 - BVerwGE 112, 123; HessVGH, Urteile vom 27.02.2013 - 6 C 824/11.T - ZUR 2013, 367 und - 6 C 825/11.T - DVBl 2013, 726 sowie vom 25.03.1997 - 14 A 3083/89 - ESVGH 47, 316; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.11.1999 - 4 K 26/95 - RdE 2000, 146 = juris Rn. 157). Die Ausfüllung des aus dem exekutiven Funktionsvorbehalt folgenden Beurteilungsspielraums unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Diese beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Behörde ausreichende Daten ermittelt und ihren Bewertungen zugrunde gelegt hat und ob diese Bewertungen hinreichend vorsichtig sind . Sind die Ermittlungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik ausreichend und hat die Behörde sie ihren Bewertungen zugrunde gelegt, so muss sich das Gericht bei der Prüfung, ob diese Bewertungen hinreichend vorsichtig sind, auf eine Willkürkontrolle beschränken (vgl. zu alldem BVerwG, Urteile vom 21.01.2021 - 7 C 4.19 - BVerwGE 171, 128 Rn. 29, vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - BVerwGE 142, 159 Rn. 20, vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129 Rn. 25, vom 25.10.2000 a. a. O, vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 und vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185; Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38/06 - Buchholz 451.171 § 9 a AtG Nr. 1; Senatsbeschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl 2012, 1506; HessVGH, Urteil vom 27.02.2013 a. a. O.; Posser in Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht - Band 2, 4. Aufl., § 52 Rn. 57).
Hieraus folgt, dass der Senat in Bezug auf die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen gegen die - ihrerseits umfassend gutachterlich gestützte - fachlich-technische Bewertung der Aufsichtsbehörde keine eigene Beurteilung vornehmen oder gar die angesprochenen naturwissenschaftlichen Fragen eigenständig abweichend bewerten kann. Dass aber - wie die Antragsteller meinen - die behördliche Einschätzungsprärogative hier überschritten wäre, d. h. erforderliche Ermittlungen unterblieben wären oder die Risikobewertung objektiv willkürlich erfolgt wäre, ergibt sich aus dem Antragsvorbringen weder hinsichtlich der Rechtmäßigkeits- noch in Bezug auf die Gefahrenalternative des § 19 Abs. 3 AtG. Die Antragsteller und die Gutachter, auf die sich die Antragsbegründung stützt, vertreten vielmehr nur von denjenigen der behördenseits konsultierten Sachverständigen abweichende Meinungen. Selbst wenn es sich hierbei nicht nur um Einzelmeinungen, sondern - was die Antragsteller indes schon nicht hinreichend untermauern - um offene wissenschaftliche Streitfragen handelte, genügte dies zur Darlegung eines Überschreitens der Willkürgrenze und damit des der Aufsichtsbehörde zukommenden Beurteilungsspielraums nicht. Deren Einschätzung beruht vielmehr auf einer breiten und auch gutachterlich aufgearbeiteten Tatsachengrundlage, ist mit erheblichen Teilen der Fachwelt abgestimmt und wird nicht zuletzt durch die umfänglichen Überprüfungen der DEHR im Rahmen der jährlichen Revisionen fortlaufend validiert und - so zuletzt 2021 - bestätigt. Davon, dass die fachliche Tragfähigkeit der Einschätzungen des Umweltministeriums durch die Antragsbegründung und die hierzu vorgelegten Gutachten erschüttert würde, kann daher keine Rede sein. Vielmehr erscheint die Beurteilung nach wie vor gerechtfertigt und für den Senat nach vorläufiger Einschätzung auch plausibel, dass der Betrieb des GKN II der erteilten Genehmigung sowie dem einschlägigen Regelwerk entspricht (a) und von ihm keine Gefahr für Leben, Gesundheit und Sachgüter der Antragsteller ausgeht (b). Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 AtG für das begehrte Einschreiten der Atomaufsichtsbehörde nicht erfüllt.
a) Die Annahme des Umweltministeriums, dass die Anlage in Übereinstimmung mit der erteilten Betriebsgenehmigung und dem geltenden Recht betrieben wird, unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken.
aa) Der Senat vermag der Einschätzung der Antragsteller, das GKN II werde "seit Jahren" unzulässig auf der Sicherheitsebene 2 ("anomaler Betrieb") gemäß Nr. 2.1 (1) der Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke (SiAnf, BAnz AT 30.03.2015 B2 vom 30.03.2015) und damit nicht im Rahmen der atomrechtlichen Genehmigung betrieben, nicht zu folgen.
In diesem Zusammenhang muss nicht näher darauf eingegangen werden, ob Leckagen der DEHR erst dann als Abweichungen vom Normalbetrieb (Sicherheitsebene 1) anzusehen sind, wenn sie den in der Genehmigung für ein Abfahren der Anlage festgesetzten Grenzwert von 40 ml/h überschreiten. Denn die seither festgestellten Wanddickenschwächungen waren sämtlich nicht wanddurchdringend und haben dementsprechend auch keine Leckagen zur Folge gehabt. Sollten Leckagen an DEHR auftreten, könnte mit Blick auf die Barrierefunktion der Dampferzeuger freilich Einiges dafürsprechen, solche ungeachtet von einer Verpflichtung zum sofortigen Abfahren der Anlage bis zum Verschließen des betreffenden Lecks als Störung anzusehen und der Sic herheitsebene 2 zuzuordnen (so auch Gutachten Physikerbüro B. vom 10.07.2020). Dies könnte insbesondere der durch das Konzept der gestaffelten Sicherheitsebenen verfolgte Zweck der Sicherstellung des Einschlusses von und der Abschirmung vor den im Primärkreislauf befindlichen radioaktiven Stoffe und ihrer Strahlung gebieten. Darum geht es jedoch hier nicht, weil ohne eine Leckage kein Primärkühlmittel in den Sekundärkreislauf übertritt. Um ein solches Übertreten frühzeitig zu erkennen, enthält die Anlage zudem entsprechende Messeinrichtungen zur Aktivitätsüberwachung. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass die festgestellten nicht wanddurchdringenden Wanddickenschwächungen der DEHR schon mit Blick auf den Erhalt der Barrierefunktion mit einer Leckage nicht gleichgesetzt werden können und nicht zur Einstufung als anomaler Betrieb im Sinne von Sicherheitsebene 2 führen, erscheint in jeder Hinsicht plausibel. So leuchtet es ohne Weiteres ein, dass allein die nicht gänzlich auszuschließende Möglichkeit, dass es aufgrund von Rissbildungen zu auch wanddurchdringenden Rissen oder gar dem Abriss (2F-Bruch) eines DEHR kommen kann, erst bei einer Realisierung eine Störung - bzw. einen Störfall darstellt. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Möglichkeiten sowohl von Leckagen als auch eines 2F -Störfalls in der Genehmigung berücksichtigt sind.
bb) Auch sonst kann der Senat keine Abweichungen von den Vorgaben der atomrechtlichen Genehmigung oder Verstöße gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen - u. a. etwa § 7 d AtG oder auch § 104 Abs. 1 StrlSchV - und des untergesetzlichen kerntechnischen Regelwerks erkennen.
Die besonderen Anforderungen an die sog. Basissicherheit gemäß Nr. 3.4 (3) SiAnf beanspruchen mit Blick auf ihre Nennweite für die DEHR keine Geltung . Nach Nr. 3.4 (1) SiAnf müssen sie als Teil der Druckführenden Umschließung aber so beschaffen, angeordnet sein und betrieben werden, dass das Auftreten von rasch fortschreitenden Rissen und von spröden Brüchen nicht zu unterstellen ist. Der Antragsgegner und die Beigeladene verweisen in diesem Zusammenhang naheliegend auf die Bestimmungen der einschlägigen Regeln des Kerntechnischen Ausschusses insbesondere für Werkstoffe und Erzeugnisformen (KTA 3201.1), Auslegung, Konstruktion und Berechnung (KTA 3201.2), die Herstellung (KTA 3201.3) und zu den Wiederkehrenden Prüfungen (WKP) und der Betriebsüberwachung (KTA 3201.4). Letztere enthalten Vorgaben zur Sicherstellung der Integrität im Betrieb und erfordern insbesondere die Ermittlung der Ursachen betrieblicher Schädigungsmechanismen sowie deren Behebung durch Maßnahmen zur Absicherung der Integrität im weiteren Betrieb wie Änderungen der Verfahrenstechnik und/oder Hardware, Maßnahmen der Betriebsüberwachung, Sonderprüfungen oder Anpassungen des WKP-Konzeptes, wobei auch die Anforderungen aus dem Alterungsmanagement zu berücksichtigen sind (Nr. 3). Vorgaben zum Alterungsmanagement in Kernkraftwerken einschließlich der Beherrschung von Schädigungsmechanismen ergeben sich wiederum aus der KTA-Regel 1403, die für Bauteile der Gruppe M2 wie DEHR dem Konzept der vorbeugenden Instandhaltung folgen. Dieses beinhaltet eine Überwachung betriebsbedingter Schädigungsmechanismen an repräsentativen Stellen (z. B. durch WKP, Maßnahmen der Betriebsüberwachung oder Laboruntersuchungen), die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus dem Betrieb auch anderer Anlagen, die Verfolgung des Kenntnisstands hinsichtlich möglicher Schädigungsmechanismen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik sowie die Verhinderung alterungsbedingter Ausfälle infolge systematischer Fehler, wobei ein zufälliges Einzelversagen als zulässig angesehen wird (Nr. 4.1.3.3). Der Anwendungsbereich der KTA-Regel 3206 betreffend Nachweise zum Bruchausschluss für druckführende Komponenten in Kernkraftwerken schließlich ist hier nicht eröffnet, da diese nur auf druckführende Komponenten und Systeme anzuwenden sind, für die anders als bei DEHR im Sinne der Basissicherheit ein Bruchausschluss gefordert wird. Sie beschreibt in diesem Zusammenhang allerdings Verfahren für eine bruchmechanische Analyse (Anhang B), woran sich die im GKN II durchgeführten Untersuchungen anlehnen.
Die vorgenannten Regularien insbesondere zur Betriebsüberwachung und zum Alterungsmanagement dürften hier eingehalten sein. Die vorgenommene Analyse des Schädigungsmechanismus wird von den Antragstellern im Ausgangspunkt letztlich nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Auf dieser basierend wurden verschiedene Abhilfemaßnahmen getroffen, die auf eine Behebung der Schadensursachen (Wasserchemie, Ausschluss von Kondensatorleckagen, Spülungen) einerseits und die Integritätsabsicherung der DEHR (Verschluss schadhafter DEHR, engmaschige Überprüfung durch Verkürzung von Prüfintervallen) andererseits abzielen. Den getroffenen Abhilfemaßnahmen liegt eine umfängliche Analyse des Schädigungsmechanismus und eine breite Befassung der einschlägigen Fachkreise, neben den - auch seitens der Bundesaufsicht (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AtG, Art. 85 Abs. 3 GG) - eingeschalteten Sachverständigen insbesondere der RSK, zugrunde. An der fachlichen Vertretbarkeit der hierbei erzielten Ergebnisse wecken das Antragsvorbringen bzw. die hierzu vorgelegten Gutachten keine durchgreifenden Zweifel. Dies gilt auch, soweit die Antragsteller die fortbestehende Gefahr von Rissneubildungen als systematischen Fehler einordnen möchten. Gegen eine solche Einordnung dürfte im Grundsatz sprechen, dass DEHR nicht den verschärften Anforderungen an die Basissicherheit unterliegen und eine uneingeschränkte Leck- und Bruchsicherheit bei ihnen daher nicht verlangt wird. Die Beigeladene weist in diesem Zusammenhang ferner zu Recht auf den Unterschied zwischen einer systematischen, auf einer gemeinsamen Ursache beruhenden Schadensursache - die hier zweifellos gegeben ist - und systematischen Ausfällen bzw. einer systematischen Fehlerhaftigkeit hin, deren Verhinderung die getroffenen Abhilfemaßnahmen dienen. Schließlich erscheint auch die Einschätzung, dass das Auftreten rasch fortschreitender Risse oder spröder Brüche - innerhalb des verkürzten Betriebszyklus bis zur nächsten Überprüfung der DEHR - nicht zu unterstellen ist, fachlich fundiert und dürfte sich hinsichtlich der darin liegenden Risikoprognose jedenfalls innerhalb der Einschätzungsprärogative der Aufsichtsbehörde halten .
b) Vor dem Hintergrund der durchgeführten Ermittlungen und Konsultationen von Sachverständigen und der maßgeblichen Fachgremien erscheint ebenfalls die Einschätzung des Umweltministeriums gerechtfertigt und jedenfalls von dessen exekutiven Funktionsvorbehalt gedeckt, dass sich aus dem Betrieb des GKN II keine im Sinne von § 19 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AtG relevanten - konkreten - Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter der Antragsteller durch die Wirkung ionisierender Strahlen ergeben können. Erst Recht ist daher gegenwärtig keine erhebliche Gefährdung im Sinne von § 17 Abs. 5 AtG zu besorgen.
aa) Soweit sich die Antragsteller darauf berufen, es liege zuminde st ein Gefahrenverdacht vor, weil jedenfalls nicht feststehe, ob die Störfallsicherung noch gewährleistet sei, führt dies hier nicht weiter. Da es im Rahmen der Gefahrenalternative des § 19 Abs. 3 Satz 1 AtG ausreicht, dass sich Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter "ergeben können", spricht zwar Vieles dafür, auch einen bloßen Gefahrenverdacht bzw. Besorgnispotential hierunter zu fassen (vgl. HessVGH, Urteile vom 27.02.2013 a. a. O. = juris Rn. 68 ff., 72), wohingegen freilich allein der "Verdacht eines Gefahrenverdachts" nicht genügt (vgl. hierzu Posser in Ehlers/Fehling/Pünder a. a. O. § 52 Rn. 70). Im Unterschied zu einer konkreten Gefahr liegt ein Gefahrenverdacht schon dann vor, wenn bloße Anhaltspunkte für eine Gefahr bestehen, d. h. das Bestehen einer Gefahr nur für möglich gehalten wird. Dies ist der Fall bei Schadensmöglichkeiten, die sich nicht ausschließen lassen, weil nach derzeitigem Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347; Urteil vom 19.12.1985 - 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300, 315). Darum geht es hier jedoch nicht. Denn der Schadensmechanismus, der den streitgegenständlichen Wanddickenschwächungen zugrunde liegt, wurde umfänglich aufgeklärt und ist im Grunde bekannt. Zwischen den Beteiligten umstritten ist demgegenüber die Frage, ob die Prognose gerechtfertigt und insbesondere hinreichend vorsichtig ist, dass innerhalb des einjährigen Betriebszyklus bis zur nächsten Revisionsprüfung keine Gefährdung aufgrund weiterer Wanddickenschwächungen an DEHR zu besorgen ist, die das nach dem Maßstab praktischer Vernunft zu tolerierende Restrisiko übersteigt (vgl. insoweit OVG Schleswig- Holstein, Urteil vom 03.11.1999 a. a. O. Rn. 156; HessVGH, Urteile vom 27.02.2013 a. a. O. Rn. 70). Dass hierzu bei einem ausermittelten Schädigungsmechanismus wie hier die Unterscheidung zwischen Gefahr und Gefahrenverdacht unergiebig ist, wird dadurch bestätigt, dass auf der Rechtsfolgenseite bei einem Gefahrenverdacht zunächst vorrangig Maßnahmen der Gefahrerforschung angezeigt wären (vgl. Senatsurteil vom 26.02.2007 - 10 S 643/05 - ZUR 2007, 380 = juris Rn. 42; Posser a. a. O. Rn. 70), es vorliegend jedoch um die Tragfähigkeit der behördlichen Risiko- bzw. Gefahrenprognose geht.
bb) Soweit im Rahmen der Atomaufsicht auch der Gesichtspunkt der Risikovorsorge in Bezug auf auslegungsüberschreitende Ereignisse eine Rolle spielt, wird hiervon jedenfalls keine generelle Restrisikominimierung erfasst (vgl. HessVGH, Urteile vom 27.02.2013 a. a. O. Rn. 72). Der Senat hat unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens keine ernstlichen Zweifel daran, das s die durchgeführten und der im Hauptsacheverfahren mit der Versagungsgegenklage angegriffenen Entscheidung zugrundeliegenden Ermittlungen nach dem Stand von Wissenschaft und Technik ausreichend sind. Die hierauf fußende Einschätzung, dass ein auslegungsüberschreitender Störfall mit über das hinzunehmende Restrisiko hinausgehender Wahrscheinlichkeit entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht droht, erscheint auch nicht willkürlich. Dabei ist der Senat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens wie ausgeführt n icht zur Entscheidung dazu berufen, einzelne technische Streitfragen zu klären, über deren Beantwortung zwischen den Beteiligten Uneinigkeit besteht. Dass die sachverständige Begleitung des aufsichtsrechtlichen Verfahrens aber lückenhaft oder unter Berücksichtigung des Stands der Wissenschaft und Technik unzureichend erfolgt wäre, kann der Senat nicht feststellen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Einwendungen in den Gutachten bzw. Stellungnahmen, auf die sich die Antragsteller stützen, ihrerseits Gegenstand entsprechender (Gegen-)Gutachten gewesen und dort im Einzelnen plausibel abgearbeitet worden sind. Die Untersuchungen und die dabei angewendeten Methoden waren Gegenstand einer breiten fachlichen Diskussion und sind nicht zuletzt auch in die aktuellen RSK-Empfehlungen zu "Schäden an Dampferzeuger(DE)-Heizrohren durch Spannungsrisskorrosion - Maßnahmen zur Sicherstellung der Integrität der Heizrohre" vom 22./23.10.2019 eingeflossen. Die fachwissenschaftliche Grundlage der behördlichen Risikobewertung kann vor diesem Hintergrund nicht als erschüttert angesehen werden. Dies gilt u. a. auch für die Vorwürfe eines unzulässigen "Flachrechnens" von Rissen oder der geltend gemachten Messungenauigkeiten bei der durchgeführten Wirbelstromprüfung.
Die auf den durchgeführten Untersuchungen und Konsultationen beruhende Risikobewertung hält sich aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb des Einschätzungsspielraums der Aufsichtsbehörde und ist jedenfalls nicht willkürlich. Sie wird vielmehr von einem breiten Spektrum in der Fachöffentlichkeit und den Gremien wie nicht zuletzt auch dem zuständigen Unterausschuss der RSK (RSK-DKW) geteilt.
Auch dem Senat erscheint die Risikobewertung plausibel und jedenfalls nicht zu beanstanden. So erscheint es insbesondere durchaus nachvollziehbar, dass dort, wo wie bei DEHR ein Bruchausschluss nicht zu fordern ist, aufgrund vorhandener Betriebserfahrungen mit hier betroffenen und vergleichbaren Werkstoffen sowie unter Anwendung hinreichend konservativer Traglastberechnungen auch bei im Einzelnen nur eingeschränkt prognostizierbaren Risswachstumsgeschwindigkeiten und Rissgeometrien ein "Leck-vor-Bruch" - bzw. Integritätsnachweis erbracht werden kann, der die Annahme rechtfertigt, dass innerhalb des Prüfintervalls kein Versagen an DEHR zu besorgen ist, das auslegungsüberschreitend ist und insbesondere durch die Aktivitätsüberwachung nicht rechtzeitig entdeckt würde. In diesem Zusammenha ng wurde seitens des Antragsgegners und der Beigeladenen vor allem auf umfangreich vorhandene Erkenntnisse zu Spannungsrisskorrosion an DEHR, zu dem ein weltweiter Kenntnisstand und umfangreiche Betriebserfahrungen vorlägen, sowie auf rechnerisch nicht unerhebliche Tragfähigkeitsreserven bei den festgestellten Wanddickenschwächungen hingewiesen. So wurde insbesondere ausgeführt, dass selbst die in der jüngsten RSK-Empfehlung aus dem Jahr 2019 als "Schnellläufer" bezeichneten Risse lediglich eine gemittelte Rissfortschrittsgeschwindigkeit von etwa 20% bis 40% der Wanddicke pro Jahr aufwiesen. Erfahrungsgemäß werde ein durch Spannungsrisskorrosion gewachsener Riss aufgrund seiner ungleichmäßigen Tiefe zunächst auf einer Teillänge wanddurchdringend und führe dort zu einer Leckage. Dies rechtfertige die Annahme, dass sie durch die bestehende Aktivitätsüberwachung rechtzeitig erkannt werde und die Anlage abgefahren werden könne, bevor eine kritische Rissgröße erreicht werde. Ein Totalabriss während eines Betriebszyklus könne deswegen als unwahrscheinlich angesehen werden.
Die Tragfähigkeit dieser Einschätzung und damit zugleich die hinreichende Wirksamkeit der getroffenen Abhilfemaßnahmen wird letztlich durch die Ergebnisse der seit ihrer Implementierung jährlich durchgeführten Revisionen bestätigt. Dabei räumen der Antragsgegner und die Beigeladene ein, dass der Schädigungsmechanismus nicht vollständig zu beseitigen war und insbesondere an einzelnen Stellen am Boden der Dampferzeuger noch korrosive Bedingungen vorliegen können. Allerdings zeigte gerade auch die letzte Jahresrevision 2021 (Prüfbericht T. vom 05.07.2021) mit sechs volumetrischen und 17 linearen Wanddickenschwächungen eine relativ moderate Anzahl von Rissneubildungen, die zudem eine vergleichsweise geringe Ausdehnung und Tiefe im Bereich der Nachweisgrenze aufwiesen. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen, die sicherheitstechnische Bewertung im Ergebnis bestätigenden Untersuchung kann von einem relevanten Risiko unzureichender Störfallbeherrschung und damit einer Gefahr im Sinne von § 19 Abs. 3 Satz 1 AtG derzeit nicht ausgegangen werden.
Hiervon ausgehend drohen den Antragstellern gegenwärtig auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schwere und irreversible Nachteile, die den Erlass der begehrten Regelungsanordnung zur vorläufigen Stilllegung des GKN II - zumal auch unter dem Gesichtspunkt der damit faktisch verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache - erfordern könnten.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 sowie § 39 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den Empfehlungen in den Nrn. 6.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Streitwertreduzierung für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs) kommt nicht in Betracht, weil der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).