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VG Stuttgart verbietet „Sindelfingen rockt 2019“ auf dem Marktplatz

Rockkonzerte oder ähnliche Veranstaltungen in Innenstädten sind beliebt – und laut, und geraten deshalb immer wieder in das Blickfeld von Gerichten, so auch in Sindelfingen. In einem aktuellen Eilbeschluss untersagte jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart das alljährlich stattfindende „Sindelfingen rockt“ auf dem Sindelfinger Marktplatz. Die Richter werteten den von der Stadt festgelegten zulässigen Lärmpegel als „unzumutbar“. Die ersten beiden der insgesamt fünf Konzerte wurden daher kurzfristig an den Stadtrand verlegt. Oberbürgermeister Bernd Vöhringer kämpft indessen an allen Fronten für eine schnellstmögliche Rückkehr des kostenfreien und beliebten Ferienevents in die Innenstadt.

Phil Collins, die Toten Hosen, Metallica, Coldplay und Abba

Auch wenn Klagen von Anwohnern gegen Freizeitlärm keine Seltenheit sind, sind sie schwierig zu entscheiden. Gesetzlich vorgeschriebene bestimmte Lärmwerte oder Mess- und Berechnungsverfahren gibt es nicht. Gerichte behelfen sich daher mit technischen Regelwerken. In Baden-Württemberg greifen die Verwaltungsgerichte in entsprechenden Fällen „als Orientierungshilfe“ auf die Freizeitlärmrichtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutzrecht aus dem Jahr 2015 zurück, so auch das VG Stuttgart im Sindelfinger Fall.

Dass deren äußere Richtwertgrenzen überschritten werden, war dabei unstreitig, treten doch bei „Sindelfingen rockt“ Coverbands auf, die Phil Collins, die Toten Hosen, Metallica, Coldplay und Abba nachspielen.

Elektrische Gitarren, E-Bass und Schlagzeug

Die Freizeitlärmrichtlinie lässt aber u.a. bei „hoher Standortgebundenheit“ oder bei „sozialer Adäquanz“ auch eine Überschreitung der Lärm-Grenzwerte zu.

Darauf hatte die Stadt abgestellt und neben dem Ziel einer lebendigen Innenstadt auf die positiven Auswirkungen auf den Einzelhandel in der Ferienzeit verwiesen. Den Richtern genügte das nicht.

Sie monierten, ansprechende Hörerlebnisse könnten auch durch Musikdarbietungen „mit einem geringeren Mindestversorgungspegel“ ermöglicht werden – laute Rockkonzerte mit ihren elektrischen Gitarren, dem E-Bass und dem Schlagzeug gehörten demgegenüber an weniger konfliktträchtige Orte.

Lärmmindernde Lautsprechersysteme

Außerdem liege der Veranstaltung keine Tradition im Sinne einer engen Verwurzelung bei der örtlichen Bevölkerung zu Grunde, zumal die Musikveranstaltung mit gleichem Ablauf und im selben Zeitraum in Kornwestheim und in Eislingen/Fils stattfinde, so das VG.

In der umfangreichen Begründung hielten die Richter der Stadt außerdem vor, dass es in schalltechnischer Hinsicht bessere Lautsprechersysteme gebe, die den Lärmpegel mindern könnten.

Ob dies zutrifft, prüft derzeit ein Ingenieurbüro, beauftragt von OB Bernd Vöhringer. Zuvor hatte er Rechtsmittel eingelegt und keinen Zweifel aufkommen lassen, „Sindelfingen rockt“ wieder in die Innenstadt holen zu wollen, eben gerne auch mit ausgeklügelten Lautsprecheranlagen (Az. 8 K 3595/19).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag