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Kein subsidiärer Schutz für afghanischen Flüchtling

BVerwG verweist auf die Niederlassung in sicheren Landesteilen Afghanistans

In einem aktuellen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg abgesegnet, wonach es für afghanische Flüchtlinge zumutbar ist, sich in einer sicheren Region ihres Herkunftslandes niederzulassen, wenn dort das Existenzminimum gesichert ist und keine sonstige unerträgliche Härte droht.

Verweis auf sichere Landesteile

Im entschiedenen Fall geht es um einen afghanischen Staatsangehörigen aus der Provinz Nangarhar, der 2015 nach Deutschland geflohen war und bis zum VGH geklagt hatte, um zumindest subsidiären Schutz zu erhalten. Er hatte vorgebracht, in seiner Heimatregion drohe ihm Gewalt durch die Taliban, weil er für das „World Food Programme“ zum Schutz der Flüsse gearbeitet habe.

Wenn ein „ernsthafter Schaden“ droht, wie etwa Folter oder unmenschliche Behandlung, wird Flüchtlingen sogenannter subsidiärer Schutz gewährt, und zwar unabhängig vom Vorliegen besonderer persönlicher Merkmale. Der VGH hatte ihm dies aber verwehrt und ihn darauf verwiesen, sich in einem sicheren Landesteil niederzulassen. Die Städte Kabul, Herat und Mazqar-e Sharif könne er legal und sicher erreichen; dort drohe ihm weder Verfolgung noch ein ernsthafter Schaden. Die Niederlassung in diesen sicheren Landesteilen sei auch zumutbar, so der VGH.

Lebensverhältnisse im Herkunftsland

Welcher rechtliche Maßstab bei der Frage nach der Zumutbarkeit anzulegen ist, ist allerdings sowohl bei den Gerichten als auch bei Fachleuten umstritten. Der VGH hatte Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) herangezogen und entschieden, dass es genügt, dass ein entsprechendes (niedriges) Existenzminimum gesichert ist.

Genau dies bestätigte jetzt das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig. Von einem Ausländer, dem in einem Teil seines Herkunftslandes Verfolgung droht, könne erwartet werden, sich in einem für ihn erreichbaren sicheren Landesteil niederzulassen – und zwar vernünftigerweise bereits dann, wenn die Sicherung der Existenz auf einem Mindestniveau gesichert ist, das Art. 3 EMRK nicht verletzt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich die allgemeinen Lebensverhältnisse im Herkunftsland auf einem niedrigen Niveau befinden (Az. 1 C 4.20).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag