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VG Stuttgart: Aufstellung des Jahresabschlusses gehört zur Kernpflicht eines Bürgermeisters

Stuttgart. Für die ehemalige Bürgermeisterin der durch die Ansiedlung von Porsche bekannten Gemeinde Weissach, Ursula Kreutel, war es ein Schock: Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart verurteilte sie im Mai dieses Jahres gemeinsam mit dem ehemaligen Kämmerer „gesamtschuldnerisch“ zur Zahlung von über 223.000,00 Euro. Sie habe bedingt vorsätzlich bzw. grob fahrlässig gegen ihre Amtspflichten verstoßen, so das VG. Jetzt wurde die Begründung veröffentlicht (Az. 14 K 20290/17).

In dem Fall geht es um jahrelang bestehende Missstände in der Finanzverwaltung der Gemeinde. Insbesondere waren Jahresabschlüsse nicht aufgestellt worden, was die Gemeindeprüfungsanstalt in drei aufeinanderfolgenden Prüfungsberichten beanstandet hatte.

Der derzeitige Bürgermeister Weissachs, Daniel Töpfer, wirft seiner Vorgängerin, die 8 Jahre lang, von 2006 bis 2014 amtierte, fehlende Überwachung vor; sie sei für die Aufarbeitung und Beseitigung von Fehlern in der Haushaltsführung, auch vor ihrer Zeit, verantwortlich.

Er hatte einen externen Fachmann mit der Aufarbeitung der Missstände beauftragt, der nach getaner Arbeit eine Rechnung über rund 200.000 Euro präsentierte. Und beim Gemeinderat holte sich Töpfer das Plazet für die Einreichung der Klage beim VG, um das Geld zuzüglich weiterer Beratungskosten bei seiner Vorgängerin und dem früheren Kämmerer zurück zu holen.

Mit ihren Einwänden drang Kreutel vor dem VG nicht durch. Sie hatte u.a. vorgebracht, dass die Versäumnisse bereits vor ihrer Amtszeit begonnen hatten. Auch habe sie davon ausgehen dürfen, dass die Aufgaben der Kämmerei beim damaligen Kämmerer „als loyale Führungskraft mit hohen Präsenzzeiten im Rathaus“, so Kreutel in ihrer Verteidigung, gut aufgehoben waren.

Das VG folgte dem nicht. Es sah in ihren Unterlassungen im Zusammenhang mit der Aufstellung der Jahresabschlüsse und ihren Überwachungs- und Kontrollpflichtverletzungen „gravierende Dienstpflichtverletzungen“. Sie hätte dem damaligen Kämmerer nicht vertrauen dürfen; im Gegenteil, dies untermauere ihr Verschulden mehr, als dass sie sich dadurch exkulpieren könnte, so das VG; sie sei „ihrer Führungsaufgabe nicht gerecht geworden“.

Gegen das Urteil hat Kreutel Berufung eingelegt. Wie sie in einem Interview in der Leonberger Kreiszeitung verriet, wird sie diesmal vom FDP-Politiker Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki vertreten. Die Frage, ob sich der Verwaltungsgerichtshof dem harten Urteil des VG Stuttgart anschließen wird, kann dabei als offen bezeichnet werden.

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag