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Gerichte entschieden zu „Querdenker“-Demonstrationen und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen

Karlsruhe. Derzeit müssen sich die Gerichte bundesweit mit Corona-Demonstrationen auseinandersetzen, so etwa kürzlich das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen in Sachsen, das heftige Kritik für die Zulassung einer Demonstration in der Leipziger Innenstadt einstecken musste. Auch in Baden-Württemberg, dem Ursprungsland der „Querdenker“-Bewegung sind die Gerichte derzeit gefordert – und entscheiden mal gegen, so das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen im Fall des „Lichterspaziergangs“ in Balingen, aber auch zu Gunsten der Corona-Leugner, so das VG Karlsruhe zu Demonstrationen auf dem Schlossplatz in der Karlsruher Innenstadt.

In beiden Entscheidungen geht es um die Auflage des Maskengebots. Sowohl die Stadt Karlsruhe als auch Balingen hatten den Veranstaltern aufgegeben, dass die Teilnehmer eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen.

Im Karlsruher Fall entschied das VG gegen die Maskenpflicht. Zwar stimmten die Richter ausdrücklich dem Robert-Koch-Institut zu, dass Maskentragen dem Gesundheitsschutz dient, erklärten die Auflage der Stadt aber als „unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit“. Die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 m sei ausreichend, um das Ansteckungsrisiko unter freiem Himmel zu reduzieren, so das VG.

Im vielbeachteten aktuellen Leipziger Fall hatte das OVG Bautzen zu prüfen, ob die Veranstaltungsfläche für die Querdenker-Demonstration ausreicht. Ähnlich nahm auch das VG Karlsruhe den gewählten Demonstrationsort unter die Lupe und sah den Schlossplatz für die geplante Teilnehmerzahl von 500 Personen (in Leipzig waren 16.000 zugelassen) als geeignet an. Aufgrund des „stationären Charakters der Versammlung“, so das VG, könnten die vorgeschriebenen Abstandsregeln dort auch eingehalten werden.

Schließlich, mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Versammlungsfreiheit, betonten die Richter, dass es der Initiative der Querdenker gerade darauf ankomme, ihre Grundhaltung durch bewusstes Nichttragen der Masken zum Ausdruck zu bringen, und verwarfen daher auch die polizeiliche Prognose, dass die Teilnehmer der Abstandspflicht nicht nachkommen würden (Az. 3 K 4416/20).

Demgegenüber blieb der Eilantrag gegen die Maskenpflicht beim „Lichterspaziergang“ in Balingen erfolglos. Im Unterschied zur Karlsruher Versammlung ist der Plan der Veranstalter der Demonstration „Lichterspaziergang - Mama, Mama! Maske?“, dass die Corona-Kritiker, gerechnet wird mit 100 bis 150 Teilnehmern, singend über den Marktplatz und die angrenzenden Straßen in der Balinger Innenstadt laufen. Geplant sind die Veranstaltungen im November und Dezember 2020 an neun Abenden.

Von den singenden, sich durch die Innenstadt bewegenden Teilnehmern gehe eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aus, so das VG Sigmaringen in seiner aktuellen Pressemitteilung. Die gegenwärtige Phase der Corona-Pandemie sei kritisch. Die Neuinfektionszahlen bewegten sich (auch) im Zollernalbkreis auf einem hohen Niveau, was sich nunmehr auch auf den Intensivstationen bemerkbar mache. Nach Auskunft des Gesundheitsamts seien aktuell nur noch 5 von 26 Intensivbetten frei. Da Ort, Teilnehmerzahl und Modalitäten der Veranstaltungen unberührt blieben, läge auch kein Verstoß gegen die Versammlungsfreiheit vor (Az. 10 K 4054/20).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag