-- WEBONDISK OK --
Farbauswahl:

AfD-Fraktion des Reutlinger Gemeinderats scheitert vor dem VGH – Keine Verletzung eigener Rechte

In Reutlingen wurde vor einem Jahr der Gemeinderat neu gewählt. Die AfD erhielt damals drei Sitze. Wenige Tage vor der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Gemeinderats fasste der alte Gemeinderat noch Beschlüsse, etwa über den Verkauf eines Grundstücks, die Wahl einer stellvertretenden Amtsleiterin oder zu verschiedenen Baugebieten, was der AfD missfiel. Die Entscheidungen hätten vom neuen Gemeinderat gefällt werden müssen, so die AfD-Fraktion. Sie klagte und stellte einen Eilantrag, um den Vollzug der gefassten Beschlüsse zu verhindern.

Jetzt liegt die Eilentscheidung des VGH vor

Ergebnis: Rechte der AfD-Fraktion wurden nicht verletzt. Weder könne die Fraktion organschaftliche Rechte des (neuen) Gemeinderats noch organschaftliche Rechte der einzelnen Gemeinderatsmitglieder gerichtlich geltend machen, so der VGH.

Stattgefunden hatte die Wahl in Reutlingen im Mai 2019. Wenig später verschickte OB Thomas Keck die Einladungen für die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats. Gleichzeitig lud er den bisherigen Gemeinderat (ohne AfD-Fraktion) zu einer Gemeinderatssitzung ein; letztere Sitzung wurde dabei nur zwei Tage vor der konstituierenden Sitzung abgehalten.

Durfte er dies bzw. durfte der alte Gemeinderat nach der Wahl Beschlüsse etwa über Bauplanverfahren fassen? Immerhin regelt die Gemeindeordnung, dass wesentliche Entscheidungen, die bis zum Zusammentreten des neu gebildeten Gemeinderats aufgeschoben werden können, dem neu gebildeten Gemeinderat vorbehalten sind (§ 30 Abs. 2 GemO).

Der VGH ließ diese Fragen indessen unbeantwortet

Denn, so der VGH, § 30 GemO vermittele einer Fraktion im Gemeinderat gar keine Rechtsposition, die zu einer Klage berechtigt. Ihr werde in der Vorschrift kein entsprechendes Recht eingeräumt.

Schützenswerte Rechtspositionen könnten sich allenfalls für das Verhältnis zwischen dem Gesamtgremium Gemeinderat auf der einen und dem Bürgermeister auf der anderen Seite ergeben, so der VGH weiter. Fraktionen stehe hier demgegenüber kein organschaftliches Recht zu.

Fraktionen im Gemeinderat hätten immer nur dann eigene Rechtspositionen, wenn der Gesetzgeber sie in der Gemeindeordnung ausdrücklich nenne, so der VGH. Dazu gehört etwa die Regelung zum Äußerungsrecht von Fraktionen im Amtsblatt oder die Regelung, dass Fraktionen in allen Angelegenheiten der Gemeinde eine Unterrichtung des Gemeinderats durch den Bürgermeister verlangen können. In § 30 GemO werden Fraktionen demgegenüber an keiner Stelle erwähnt (Az. 1 S 424/20).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag