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BVerfG: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt ist zulässig

In Baden-Württemberg können Staatsdiener nach schwerwiegenden Dienstvergehen aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, ohne dass ein Disziplinargericht eingeschaltet wird. Der Dienstherr kann den Erlass dieser einschneidenden Maßnahme selbst verfügen. In einem aktuellen Beschluss bestätigte jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese Regelung. Einen Grundsatz, dass die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst nur durch Richterspruch erfolgen darf, gebe es nicht, so das höchste deutsche Gericht (Az. 2 BvR 2055/16).

Der verurteilte Polizist wurde aus dem Beamtenverhältnis entfernt

Im entschiedenen Fall handelt es sich um einen ehemaligen Polizisten, der gleichzeitig Geschäftsführer zweier Bauunternehmen war und u.a. wegen Betrugsdelikten zu einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt wurde – für das zuständige Polizeipräsidium Anlass, den Mann aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Wie in der baden-württembergischen Regelung vorgesehen, erfolgte die Entlassung per Verwaltungsakt. Der Mann klagte vergeblich vor den Verwaltungsgerichten bis hin zum Bundesverwaltungsgericht. Schließlich wandte er sich an das BVerfG. Aber auch die grundgesetzliche Prüfung brachte dem Mann keinen Erfolg.

Das Grundgesetz verlangt, dass die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ beachtet werden. Gemeint sind damit nach ständiger Rechtsprechung Strukturprinzipien, die „während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, insbesondere unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind“.

Das BVerfG setzte daher mit einer rechtshistorischen Analyse an. Die Richter stellten fest, dass sich bis zum Ende der Weimarer Republik keine Regel herausgebildet habe, wonach nur mit Richterspruch entlassen werden darf.

Schutz von Beamten vor Willkür

Letztlich ging es aber vor allem um die Frage, wie der Schutz von Beamten vor einer willkürlichen Entscheidung gewährleistet werden kann.

Aber warum diese Frage stellen, gibt es doch den nachträglichen Rechtschutz: Betroffene Beamte können sich gegen den Verwaltungsakt vor den Verwaltungsgerichten zur Wehr setzen - was der Ex-Polizist im Fall auch getan hatte.

In diesem Sinne arbeitete dann auch das BVerfG heraus, dass angesichts des „ausdifferenzierten Rechtsschutzsystems“ ein hinreichender Grundrechtsschutz auch durch nachträgliche gerichtliche Kontrolle gewährleistet sei.

Dass man auch anderer Meinung sein kann, zeigt die abweichende Stellungnahme des Richters Huber. Die Entscheidung war mit einem Stimmenverhältnis von 7:1 ergangen. Richter Huber hatte in seinem Votum vor allem die Nachteile der Regelung für die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Beamten betont. Beamte würden nicht wesentlich besser als Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz behandelt, was angesichts des Lebenszeitprinzips unangemessen sei.

Mit ähnlichen Argumenten hatte der Beamtenbund bereits gegen die entsprechende Änderung des Landesbeamtengesetzes im Jahr 2008 protestiert. Ungeachtet der aktuellen Entscheidung wiederholten die Interessenvertreter der Beamten jetzt ihre Kritik an dieser bundesweit einmaligen Regelung.

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag