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VGH zur Konstanzer Vorkaufssatzung: auch möglich zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums

Städte und Gemeinden haben mit dem gemeindlichen Vorkaufsrecht die Möglichkeit, Grundstücke „zum Wohl der Allgemeinheit“ - ohne Enteignungsverfahren - zu erwerben. Vorkaufsrechte können dabei unter bestimmten Voraussetzungen auch per Satzung begründet werden. Dass solche Vorkaufssatzungen auch erlassen werden können, um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum abzusichern, machte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem aktuellen Urteil deutlich.

In dem entschiedenen Fall geht es um eine Vorkaufssatzung der Stadt Konstanz aus dem Jahr 2009. Auf deren Grundlage übte die Stadt Ende 2013 ein Vorkaufsrecht aus. Das betroffene Grundstück, eine Streuobstwiese, liegt in einem Gebiet, dem die Stadt in ihrem aktuellen „Handlungsprogramm Wohnen“ eine zentrale Rolle zuweist. Ziel des Handlungsprogramms ist, „bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, damit Konstanz attraktiv und lebenswert für alle Bevölkerungsschichten und Familien bleibt.“

In Konstanz gilt dabei bereits seit 1985 das „Grunderwerbsmodell“, wonach vor einem Bebauungsplanverfahren mindestens 60 % der Fläche des künftigen Plangebiets im städtischen Eigentum sein muss. Weil dieser Anteil derzeit noch nicht erreicht wurde, übte die Stadt das Vorkaufsrecht auch in diesem Fall aus.

Die Grundstückskäuferin wehrte sich. Die Vorkaufssatzung diene der bloßen Bodenbevorratung und sei deshalb unwirksam, so ihre Klage. Wann das Grundstück in Anspruch genommen werden soll, sei unklar; tragfähige Konzeptionen gebe es hierfür nicht. Außerdem seien allgemeine Erwägungen, die auf das ganze Land zutreffen, nämlich die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, ungenügend und rechtlich gar nicht zulässig.

Dies sah der VGH allerdings anders.

Vorkaufssatzungen dürfen laut Gesetz „zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung“ erlassen werden. Wie der VGH jetzt entschied, kann dieses Sicherungsbedürfnis auch mit den im Baugesetzbuch aufgeführten, bei der Aufstellung von B-Plänen zu beachtenden Belangen begründet werden, nämlich mit „der Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, der Schaffung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, der Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung, den Anforderungen kostensparenden Bauens und der Bevölkerungsentwicklung“ (vgl. § 1 Abs. 6 Nr 2 BauGB).

Dazu, so der VGH, gehöre auch die Schaffung von für alle Teile der Bevölkerung bezahlbarem Wohnraum und attestierten damit der Stadt, dass deren Satzung auch im konkreten Fall ein hinreichendes städtebauliches Sicherungsbedürfnis zugrunde liegt (Az. 5 S 1733/17).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag