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Neues Urteil zur Informationspflicht des Arbeitgebers über den Verfall von Urlaubsansprüchen

Anfang dieses Jahres entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nur verfallen, wenn sie von ihrem Arbeitgeber entsprechend aufgeklärt werden. In einem aktuellen Urteil hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm präzisiert, dass dies nicht bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern gilt.

Nicht genommener Urlaub verfällt am Jahresende automatisch: Diese Grundregel gilt seit der neuen BAG-Entscheidung nicht mehr. Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers erlischt vielmehr nur dann, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch belehrt und insbesondere „klar und rechtzeitig“ darauf hinweist, dass der Urlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt, wenn er nicht genommen wird (9 AZR 541/15).

Arbeitgeber müssen „klar und rechtzeitig“ über Urlaubsansprüche informieren…

Eine langdauernd erkrankte Arbeitnehmerin wollte sich diese Rechtsprechungsänderung nun zu Nutze machen und meinte, sie gelte auch in ihrem Fall. Die in einem Hospital tätige Frau erkrankte 2017 und konnte 14 Tage ihres Urlaubsanspruchs nicht nehmen. Die Frau ist seit dem Jahr 2017 durchgehend erkrankt.

Bei langdauernder Erkrankung sieht das Bundesurlaubsgesetz im Hinblick auf die Übertragung und das Erlöschen von Urlaubsansprüchen besondere Regelungen vor. Hier ist es ausnahmsweise möglich, Urlaub auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Der Urlaub muss dann in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt werden – und auch genommen werden. Das heißt, kann der Arbeitnehmer infolge seiner Arbeitsunfähigkeit den Urlaub bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums nicht nehmen, verfällt sein Urlaubsanspruch.

Die Arbeitnehmerin im dem entschiedenen Fall war nun der Meinung, ihr Urlaubsanspruch sei schon deshalb nicht verfallen, weil es ihr Arbeitgeber unterlassen habe, sie rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen. Die 14 Tage Urlaub stünden ihr nach wie vor zu.

…vorausgesetzt, der Arbeitnehmer ist auch arbeitsfähig

Dem folgte das LAG aber nicht. Das Gericht unterschied deutlich zwischen arbeitsfähigen und längerfristig arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern. Danach besteht bei Letzteren eine Obliegenheit des Arbeitgebers zur Belehrung erst dann, wenn der kranke Arbeitnehmer seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt hat.

Denn bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit sei ein Arbeitnehmer gar nicht in der Lage, auf die Belehrung zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen, so die Urteilsbegründung. Würde eine Belehrung schon vorher erfolgen, wäre diese zudem schlicht falsch, so das LAG weiter. Denn bestehende Urlaubsansprüche würden bei Dauererkrankung anders als bei arbeitsfähigen Arbeitnehmern gerade nicht erlöschen, wenn diese nicht bis zum 31.12. des Kalenderjahres beansprucht werden.

Und da in solchen Fällen auch nicht feststehe, zu welchem Zeitpunkt welche Urlaubsansprüche bestehen, könne ein Arbeitgeber in einem solchen Fall auch gar keinen „klaren“ Hinweis geben. Genau dies aber fordert die neue Rechtsprechung des BAG (5 Sa 676/19).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag