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VG Freiburg: Polizei-Großkontrolle in der Freiburger Altstadt war rechtswidrig

In einer aktuellen Entscheidung erklärte das Verwaltungsgericht Freiburg jetzt eine vor zwei Jahren in Freiburg durchgeführte Polizei-Großkontrolle für rechtswidrig. Die Polizeivollzugsbeamten hatten sich bei ihrer Aktion auf eine Vorschrift im Polizeigesetz gestützt, die das Bundesverfassungsgericht inzwischen für verfassungswidrig erklärte. Einem Passanten, der in die Polizei-Großkontrolle geraten war und gegen die Kontrolle geklagt hatte, gaben die Richter daher Recht.

Identitätsfeststellung vor dem Stadttheater

Die Vollzugsbeamten hatte den Mann vor dem Freiburger Stadttheater in der Altstadt im Rahmen der Großkontrolle angehalten und seine Identität festgestellt. Die Überprüfung eines Laptops, den die Polizisten im durchsuchten Rucksack des Mannes gefunden hatten, ergab, dass es sich nicht um Diebesgut handelt.

Die Einrichtung der Polizeikontrollen in der Freiburger Altstadt hatte damals das Polizeipräsidium Freiburg veranlasst, um gegen Taschendiebe vorzugehen. Als Rechtsgrundlage der Großkontrolle diente eine Vorschrift im Polizeigesetz Baden-Württemberg, das polizeirechtliche Kontrollstellen „zum Zwecke er Fahndung nach Straftätern“ erlaubt.

Genau diese Vorschrift kippte allerdings das Bundesverfassungsgericht Ende letzten Jahres, so dass sie als Rechtsgrundlage für die Maßnahme der Beamten ausschied. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelung als „formell verfassungswidrig“ eingestuft. Baden-Württemberg fehle hier bereits die Gesetzgebungskompetenz.

Kriminalitätsschwerpunkte im Freiburger Ausgehviertel

Das Polizeipräsidium hatte im Rechtsstreit noch eine weitere Rechtsgrundlage ins Feld geführt, scheiterte aber auch damit. Das Polizeigesetz lässt Kontrollen auch bei Personen zu, wenn diese an bestimmten gefährlichen oder „verrufenen“ Orten angetroffen werden. Darauf, dass sich die Haltestelle im Bereich eines Kriminalitätsschwerpunkts befindet, hatten die Beamten bei der Kontrolle ausdrücklich hingewiesen.

Die damalige Einschätzung des Regierungspräsidiums u.a. zum sogenannten „Bermuda-Dreieck“, dem Ausgehviertel in der Altstadt, hatte sich allerdings auf die Wochenendnächte bezogen. Kontrolliert hatten die Polizeibeamten den Mann aber an einem Montagvormittag. Deshalb ließen die Richter diese Begründung nicht gelten.

Auch eine statistische Erhebung des Polizeipräsidiums zum Kriminalitätsaufkommen genügte den Richtern nicht, weil dort nicht nach Tageszeiten differenziert wird. Ob an der Straßenbahnhaltestelle Taschendiebstähle überproportional häufig vorkämen, könne der Erhebung nicht entnommen werden, so die Richter (Az. 10 K 3092/18).

Hohe rechtliche Hürden

Die Durchführung verdachtsunabhängiger Kontrollen im Stadtgebiet wird in Freiburg und vielen anderen Städten kontrovers diskutiert. Auch die Regelungen zu den entsprechenden Polizeibefugnissen in den Polizeigesetzen der Länder sind immer wieder in der Diskussion. Die rechtlichen Hürden bei anlasslosen Identitätsfeststellungen sind, wie auch das aktuelle Urteil zeigt, jedenfalls hoch.

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag