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BGH klärt Haftung von Sportlehrern

Karlsruhe. Anfang des letzten Jahres hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Pflichten eines Bademeisters in einem kommunalen Freibad geklärt und entschieden, dass für die Schwimmaufsicht Grundsätze des Arzthaftungsrechts gelten, das heißt, bei Unfällen gelten Beweislastregeln, die zu Lasten des Bademeisters bzw. der Kommunen gehen. Wie der BGH jetzt entschied, gilt diese Beweislastumkehr nicht für Sportlehrer, die unzureichend Erste Hilfe leisten. Die Richter entschieden aber auch, dass Sportlehrer schon bei leichter Fahrlässigkeit haften.

In dem entschiedenen Fall geht es um einen damals 18 Jahre alten Schüler, der während des Aufwärmtrainings zusammenbrach und auf Ansprache nicht mehr reagierte. Die Sportlehrerin setzte einen Notruf ab, führte aber selbst keine Wiederbelebungsversuche durch. Wenige Minuten später traf der Notarzt ein; nach längerdauernden Wiederbelebungsmaßnahmen wurde der Schüler in die Klinik verbracht. Im Klinik-Bericht ist unter anderem vermerkt: "Beim Eintreffen des Notarztes bereits 8minütige Bewusstlosigkeit ohne jegliche Laienreanimation". Der Schüler ist seitdem schwerbehindert.

Der Vater verlangt Schadensersatz vom Land Hessen, was das OLG Frankfurt aber ablehnte. Die Entscheidung des OLG hob der BGH jetzt auf. Die OLG-Richter, so der BGH, habe zu Unrecht ein Sachverständigengutachten über die Frage, ob es auch bei erfolgter Erste-Hilfe-Versorgung zu dem Hirnschaden gekommen wäre bzw. wann der Atemstillstand eintrat, abgelehnt.

Dabei stellte der BGH zwei Dinge klar:

Zum einen stellten die Richter fest, dass die im Arzthaftungsrecht entwickelten Beweisgrundsätzen bei groben Behandlungsfehlern nicht für Sportlehrer gelten.

Nach den strengen Grundätzen des Arzthaftungsrechts gilt eine Umkehr der Beweislast. Bei deren Anwendung im entschiedenen Fall hätte das beklagte Land beweisen müssen, dass die Pflichtverletzung der Sportlehrerin nicht ursächlich für den Hirnschaden war.

Wie der BGH entschied, ist eine Beweislastumkehr für Sportlehrer, anders als bei Bademeistern, aber nicht gerechtfertigt. Hauptpflicht der Lehrer sei die Unterrichtung und Erziehung; die Pflicht zur Ersten Hilfe sei für sie demgegenüber nur eine Nebenpflicht, so die Richter.

Zum anderen entschied der BGH aber auch, dass eine Haftung nicht nur bei grober Fahrlässigkeit in Betracht kommt. Sportlehrern obliege „die Amtspflicht, etwa erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen“. Für Sportlehrer bedeutet dies konkret, dass sie auf Notfälle vorbereitet sein müssen. Eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung ist unabdingbar.

Jeder Sportunterricht sei für Schüler mit gewissen Gefahren verbunden, so die Richter; es wäre nicht angemessen, wenn der Staat einerseits die Schüler zur Teilnahme am Sportunterricht verpflichtet, andererseits bei Notfällen im Sportunterricht eine Haftung der Lehrkräfte nur bei grober Fahrlässigkeit einträte, also nur in Ausnahmefällen (Az. III ZR 35/18).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag