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Neue Obliegenheiten für Arbeitgeber: BAG setzt Vorgaben des EuGH zum Verfall von Urlaub um

Erfurt. Im letzten Jahr hatte der EuGH wieder einmal mit einer Entscheidung dafür gesorgt, dass eine in Deutschland gängige Rechtspraxis umgestellt werden muss. Die EuGH-Richter hatten entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht automatisch verfällt, wenn kein Urlaub beantragt wurde. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung an die Vorgaben des EuGH angepasst und klar gemacht, welche neuen Obliegenheiten Arbeitgeber treffen bzw. welche Anforderungen an das Verfallen von Urlaubsansprüchen zu stellen sind.

Wissenschaftler verlangte finanziellen Ausgleich

An sich muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. So steht es ausdrücklich im Bundesurlaubsgesetz. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist danach nur statthaft, wenn „dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe“ dies rechtfertigen. Allerdings spiegelt diese Regelung nach den aktuellen Urteilen des EuGH und des BAG die geltende Rechtslage nur unzureichend wieder.

Bisher galt, dass nicht genommener Urlaub am Jahresende verfällt – und zwar selbst dann, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren.

In dem jetzt vom BAG entschiedenen Fall um einen bei der Max-Planck-Gesellschaft beschäftigten Wissenschaftler hatte das BAG 2016 selbst die aktuellen Änderungen durch eine Anfrage beim EuGH in Gang gesetzt. In dem Fall hatte der Arbeitgeber den Wissenschaftler vor der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses darum gebeten, seinen Urlaub zu nehmen. Der Wissenschaftler nahm nur an zwei Tagen Erholungsurlaub. Für die verbleibenden 51 Tage verlangte der Mann einen finanziellen Ausgleich, was der Arbeitgeber verweigerte.

In seiner Vorlage an den EuGH hatte das BAG gefragt, ob Unionsrecht verbietet, dass Arbeitnehmer ihren Erholungsurlaub beantragen müssen, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht.

Arbeitgeber obliegt laut BAG die Initiativlast

Die Antwort des EuGH im letzten Jahr lautete: Beantragt ein Arbeitnehmer keinen Urlaub, verfällt sein Urlaubsanspruch nicht automatisch, sondern nur, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber entsprechend aufgeklärt wurde. In Umsetzung dieser Vorgaben entschied jetzt das BAG, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nur dann erlischt, „wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat“.

Zwar, so das BAG in seiner Pressemitteilung, müssten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nicht von sich aus Urlaub gewähren. Ihnen obliege aber „die Initiativlast“ für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Arbeitgeber müssen also künftig – erforderlichenfalls förmlich, wie das BAG vermerkt – ihre einzelnen Beschäftigten konkret auffordern, den Urlaub zu nehmen, und ihre Arbeitnehmer „klar und rechtzeitig“ darauf hinweisen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt (Az. 9 AZR 541/15).

Johannes Buschbeck, Richard Boorberg Verlag